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Vom Kampf mit dem Fohlen

  Gross-Döbern

Ein Bauer arbeitete einmal mit seiner Frau auf dem Felde. Als es Mittag geworden war, sagte der Mann zu seiner Frau; er müsse sie einige Zeit allein lassen. Es werde bald ein Fohlen aus der Haideauf sie zukommen und sie mit den Hufen zu sehlagen suchen, sie sollte sich aber nur vertheidigen, dann werde ihr nichts geschehen. Darauf ging der Mann in die Haide. Es währte auch nicht lange, so kam aus der Haide ein Fohlen. Das Fohlen eilte in grossen Sprüngen auf die Frau zu. Sobald es ihr nahe genug war, richtete es sich auf und schlug mit den Vorderbeinen nach ihr, sie aber wehrte sich mit der Harke, so gut sie konnte. Der Kampf dauerte eine ganze Stunde.

Als es eins schlug, rannte das Fohlen wieder nach der Haide. Kurze Zeit darauf kehrte der Mann aus der Haide auf das Feld zurück. Er ging zu seiner Frau und bat dieselbe, sie sollte nachsehen, ob er nicht eine Wunde am Kopfe habe. Die Frau sah nach und fand abgebrochene Harkenzähne im Kopfe ihres Mannes stecken. Erschrocken sagte sie ihm das, er aber erwiederte, sie solle nicht davor erschrecken, denn er selbst sei das Fohlen gewesen. Er sei ein Werwolf und könne sich deshalb in ein Fohlen verwandeln.

Quelle: Edmund Veckenstedt: Wendische Sagen, Märchen und abergläubische Gebräuche. Leuschner & Lubensky, Graz 1880