<<< zurück | Sagen aus Thüringen - Orts- und Volkssagen | weiter >>>

Der Teufel als Freier auf Schloß Hartenberg

  Mündlich
  Gottschalk, Ritterburgen VI, 144 ff

Unweit der Stadt Römhild lag gegen Osten zu auf einer Anhöhe zwischen den beiden Gleichbergen eine Burg der Grafen von Henneberg genannt Hartenberg. Nur wenige Schutthaufen bezeichnen ihr ehemaliges Dasein. Von dieser Burg erzählt man folgende Sage.

Ein Graf auf Hartenberg hatte eine einzige, wunderschöne Tochter. Viele Grafen und vornehme Herren warben um die Hand des schönen Fräuleins, aber keiner von ihnen fand Gehör bei dem alten Grafen. Da wurde eines Tages, als schon der Abend dämmerte, die Ankunft eines stattlichen, vornehmen Ritters auf dem Schlosse gemeldet. Der fremde Ritter begehrte das zarte Fräulein zur Ehe. Sein einnehmendes und wohlgefälliges Betragen fand Beifall bei dem Grafen und der Glanz seines Anzuges und seines Gefolges blendete die Augen des alten Vaters, so daß er dem fremden Ritter die Einwilligung zur Vermählung mit seiner Tochter gab, wenn diese ihn zum Gemahl begehren würde.

Als das Fräulein den Ritter sah, entdeckte ihr scharfer Blick alsbald in der vermummten Gestalt des Fremdlings den wahrhaftigen Teufel. Aus Furcht vor dessen Rache, wenn sie ihm eine abschlägige Antwort geben würde, und gehorsam dem erklärten Willen ihres Vaters gewann sie es über sich, dem Bösen ihre Hand zuzusagen, jedoch unter einer Bedingung. Er sollte nämlich noch in derselben Nacht, ehe der Hahn den Morgen verkünden werde, um die schon befestigte Burg Hartenberg noch eine zweite Ringmauer aufführen, wenn er diesen Bau aber nicht zu Stande bringe, der Hand des Fräuleins verlustig werden.

Der Böse willigte in diesen Vorbehalt. In banger Erwartung brachte das Fräulein die Nacht hin, und das schauerliche Getöse, welches von allen Seiten zu ihren Ohren drang, ließ sie fürchten, daß der Unhold seine Zusage erfüllen werde, und schon meldete eine dienende Zofe, daß die Mauer bis auf ein kleines Stück aufgerichtet sei, und Tausende von Arbeitern wären beschäftigt, das Werk zu vollenden.

Eben wurde die letzte Steinlast von des Teufels Gesellen über die Höhen bei Themar in der Luft dahergeführt , als in dem Dorfe Bergfeld der Hahn zum erstenmale krähte, und alsbald stürzte die letzte Steinbürde, die noch zum Abschluß des ganzen Baues nöthig war, aus der Luft zur Erde und die fast vollendete Mauer um Hartenberg zerfiel in Trümmer. So war das Fräulein aus der Gewalt des Teufels gerettet.

Noch heute sicht man bei Themar auf der Höhe eines Berges diesen „Feldstein“, einen gleichsam künstlich aufgerichteten, ganz freistehenden, etwa 70 Fuß hohen Felsen aus lauter beweglichen, vom Ganzen nicht trennbaren Steinen derselben Gattung, wie sie auf dem Gleichberge und auf der Stelle zu finden sind, wo sonst die Burg Hartenberg gestanden hat. Auch ist es auffällig, daß außer dem genannten Feldsteine, einer Basaltmasse, das Gebirge jener Gegend, wo er ruht, lediglich aus Kalk- oder Sandstein besteht.

Quellen: