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Der Schellenmoritz

  Büsching wöchentl. Nachrichten II, 400 .

In Halle lebte vor alten Zeiten ein Bischof, Namens Moritz, mit seiner Schwester. Beide waren baulustig. Der Bruder baute die dortige Moritzkirche, die Schwester zu gleicher Zeit die im dreissigjährigen Kriege durch die Schweden zerstörte Moritzburg. Jener war ein sehr harter und böser Mann, und weil er die Bauleute über ihre Kräfte zur Arbeit nöthigte und um sich ihnen dadurch immer bemerklich zu machen, einen Gurt von Schellen trug, begaben sie sich lieber zu seiner sanften Schwester und arbeiteten an ihrer Burg. Dieses hatte zur Folge, dass diese viel früher fertig wurde, als seine Kirche. Darüber lebte er mit der Schwester in Unfrieden und beschloss sich an ihr zu rächen. Um dieses aber leichter ausführen zu können, bot er ihr scheinbar die Hand zur Versöhnung und kam sie zu besuchen. Weil sie seine Tücke nicht ahnte, ging sie ihm bis unter die Thore ihres Schlosses entgegen. Da zog er den Dolch und stiess ihr denselben unter dem Vorwande sie umarmen zu wollen, ins Herz.

Zum Andenken dieser That hat man das Bild der Prinzessin mit dem Dolche in der Brust über dem Thore der Moritzburg aufgestellt, wo es noch heute zu sehen ist. Auch sein Bild mit dem Schellengehänge befindet sich in der Moritzkirche zu Halle.

Quellen: