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Ludwig mit dem Barte

  Annales Rheinhardsbrunnenses p. 1 sqq

Am Hofe des Kaisers Konrad lebten zwei Brüder, welche aus dem Geschlechte der fränkischen Könige Karl und Ludwig waren und nahe Verwandte der Kaiserin Gisela. Der eine hiess Graf Hugo, war reich und begütert und wollte keinem Herrn als Dienstmann angehören ausser den Bischöfen von Fulda und Mainz. Sein Bruder wurde genannt Ludwig mit dem Barte.

Als der Graf Hugo gestorben war, erbte sein Sohn Wichmann das väterliche Besitzthum, weil er aber etwas schwachsinnig war, so wurden ihm die Lehen, die sein Vater vom bischöflichen Stuhle in Mainz inne gehabt hatte, entzogen und einem andern gegeben. Als dieses Wichmann vernahm, ging er mit einigen Begleitern nach Mainz und drang, sei es im Wahnsinn oder aus übergrossem Zorn, weil seine Lehen auf einen andern übertragen waren, in das Gemach des Bischofs, der eben mit den andern geistlichen Herren einen Rath hielt, und erstach sofort den jenigen, welcher seine Lehen erhalten und inne hatte. Obwohl er schnell nach der Thüre eilte und zu entkommen suchte, ward er doch ergriffen und für seine Frevelthat mit dem Tode bestraft.

Sein Gut und Erbe fiel nun dem Grafen Ludwig mit dem Barte zu. Dieser war am kaiserlichen Hofe gross, gewaltig und angesehen, denn er zeigte in allen Geschäften besondere Geschicklichkeit, gute Einsicht und Treue. Darum sandte ihn auch der Kaiser mit Empfehlungsbriefen an den Erzbischof Bardo nach Mainz, dass dieser ihn mit Land und Leuten belehnen möchte. Da aber der Bischof in seinem Gebiet am Rheine eben keine Lehen zu vergeben hatte, machte er ihn zu einem Vitzthum in Thüringen und ertheilte ihm dort noch andere Lehen und Einkünfte. So kam Ludwig mit dem Barte in das Thüringer Land mit zwölf Rittern und nahm seinen Wohnsitz in der Nähe des Waldes, welcher die Loibe genannt wird, zwischen dem Katerberg, Aldenberg und Kornberg. Von den Grafen Busso von Gleichen und Günther von Käfernberg und andern freien und ehrbaren Leuten erwarb er durch Kauf noch viel Gut dazu, das Dorf Aldenberge und noch anderes bebautes und unbebautes Land, das in der Nähe gelegen war, liess den Wald roden, das Land ebenen und baute darauf Dörfer, Friedrichrode, Reinhersborn, Dünsterberg, Engelsbach, Espenfeld und andere mit anderen Namen. Für sich selbst aber baute er ein Haus auf einem Hügel bei Aldenberge und begann sein Besitzthum in jener Gegend zu mehren und zu bessern, dass er bei allen benachbarten Grafen und Herren in hoher Ehre und grossem Ansehn stand.

Auch erbaute er mit des Kaisers Erlaubniss auf einem Berge neben der genannten Loibe eine feste Burg, genannt die Schauenburg, und durch kaiserliche Schenkung erhielt er dazu noch einen grossen Theil desselben Waldes zu seinem Eigenthum.

Quellen: