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Der Schäfer am Pulvermaar

In alter Zeit zogen die Anwohner des Gillenfelder- oder Pulvermaares alljährlich zur Frühlingszeit singend und betend um den See, um den Segen des Himmels über die Felder und Wiesen herabzuflehen. Einst aber unterblieb dieser fromme Umgang aus Nachlässigkeit und Gleichgültigkeit. Da geriet das Wasser in dem tiefen Kessel in Bewegung. Es wallte auf, wie von einem unterirdischen Feuer erhitzt, hob sich mehr und mehr und drohte über die Ufer zu treten. Ein unheimliches Grollen und Tosen dröhnte aus der unergründlichen Tiefe herauf, und die Erde erbebte im Umkreis. Der Schäfer des Dorfes, der in der Nähe seine Herde weidete, gewahrte vor Schrecken das drohende Verderben. Er ahnte sogleich, dass die Unterlassung des bisher üblichen Umganges um den See daran schuld sei. Da Kreuz und Fahne nicht zur Hand waren, nahm er seinen Hut vom Haupt, steckte ihn auf seinen Hirtenstab und zog, gefolgt von seinen Schafen, singend und betend um den See. Alsbald beruhigte sich das zürnende Wasser. Es sank immer mehr, und als der fromme Schäfer wieder an die Stelle kam, von der er ausgegangen war, lag der Wasserspiegel ruhig und friedlich da.

Quelle: Jos. Schiffels: Sagen, Legenden und Geschichten aus der Eifel, zweiter Band, Verlag Georg Fischer. Wittlich. 1912