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Der zugeworfene Brunnen

Das Gericht der Burgherren von Gerolstein durfte über Leben und Tod erkennen. Einst wurde ein Mann eines schweren Verbrechens angeklagt und zum Tode mit dem Beil verurteilt. Von einer großen Volksmenge begleitet, wurde er zur Richtstätte geführt.

Dort angekommen, sagte er zu den Richtern: »Ich bin unschuldig an dem Verbrechen, dessen ich angeklagt wurde. Das beweise ich damit, dass mein Haupt, wenn es vom Rumpf getrennt sein wird, sich zu dem Stadtbrunnen hin bewegen, in denselben springen und sein Wasser röten wird.«

Man achtete nicht weiter auf diese Rede und vollzog sofort das Todesurteil. Kaum war das Haupt des Verurteilten gefallen, da hüpfte es dem Brunnen zu und sprang über die Umfassungs­mauer in denselben hinein. Voll Schrecken und Entsetzen erkannte man, dass der Getötete die Wahrheit gesprochen hatte und mithin unschuldig war. Da man das Wasser von nun an nicht mehr benutzen wollte, wurde der Brunnen zugeworfen und ein hölzernes Kreuz darauf gesetzt.

Quelle: Jos. Schiffels: Sagen, Legenden und Geschichten aus der Eifel, erster Band, Verlag Georg Fischer. Wittlich. 1912