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Der Kaiser und die Musikanten

In seinem verzauberten Zustande liebt der Kaiser Musik sehr. Mancher Hirt, der hier auf seiner Schalmei blies, wurde schon zu ihm eingeladen, um ihm etwas vorzublasen, und dann beschenkt. Das war bekannt in der Gegend. Eine Gesellschaft Musikanten beschloß daher, ihm eine vollständige Nachtmusik zu bringen. In einer finstern Mitternachtsstunde machen sie sich auf, und als unten in Tilleda die Glocke zwölf schlug, blasen sie los.

Beim zweiten Murki kommt die Prinzessin mit Lichtern in der Hand auf sie zugetanzt, und ladet mit Mienen sie ein, ihr zu folgen. Der Berg öffnet sich, die ganze Gesellschaft zieht spielend ein. Essen und Trinken wird reichlich aufgetischt, und die Kapellisten lassen sich's gut schmecken. Das war nun zwar recht gut, aber sie wollen gern auch etwas von den Brillanten haben, die nur so herum lagen. Allein niemand bietet ihnen etwas an. Nicht ganz zufrieden, brechen sie endlich auf, als schon der Morgen graute, meinend, beim Abschiede würde es doch ein Trinkgeld geben. Allein, der Kaiser nickt ihnen, ganz nach großer Herren Art, freundlich zu, und seine erlauchte Tochter giebt jedem Musikanten einen grünen Busch.

Ehrenthalber nimmt ihn ein jeder an, als sie aber wieder im Freien sind, werfen sie die Büsche weg, und räsonniren und lachen über ein solch kaiserliches Geschenk. Nur einer behält den Busch, um ihn zum Andenken aufzuheben. Als er nach Hause kommt, und seinem Weibe den Busch aus Scherz überreicht, siehe! da hatten sich alle Blätter in goldene Zehnthalerstücke verwandelt. Flugs liefen die Andern alle auf den Berg zurück, wollten ihre Büsche wiederholen, aber – fort waren sie.

Quelle: Johann Gustav Gottlieb Büsching: Volkssagen, Märchen und Legenden, Leipzig, Reclam, 1812,