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Der bestrafte Gespensterleugner

  S. Monatsgespräche 1689, Juli, S. 731, 
  in Remigius Th. II. S. 23.

Martinus Schoock, Professor zu Frankfurt a.d.O., verwarf die gemeine Meinung von Erscheinung der Gespenster, ward aber durch eigene wirkliche Erfahrung unterrichtet, daß nicht alle Gespenster eitel Sinnenbetrügerei seien.

Als er sich dereinst auf einer Reise befand, kam er des Abends in eine Herberge; weil dieselbe aber bereits mit anderen reisenden Personen angefüllt war, so konnte er hier kein Nachtquartier bekommen, als in einer Mittelkammer, worin Niemand gern über Nacht bleiben wollte, weil darin einige Gespenster vernommen würden. Der Wirth that dies auch dem Herrn Schoock kund, da er nicht gerne sah, daß Jemandem in seinem Hause etwas Böses begegnen möchte. Aber dieser, seiner Meinung eingedenk, daß solches Fürgeben nur bloße Einbildung oder Betrügerei sei, sagte, er fürchte sich vor keinem Gespenste, man solle ihm nur in dieser Kammer sein Bett machen, so wolle er ganz ruhig hier schlafen. Der Wirth ließ ihm hierin seinen Willen, wiewohl ungern, weil er mehr als genug versichert war, was sich hier zutrug.

Der Herr Schoock nun that seine Mahlzeit und begab sich nachher zur Ruhe. Aber um Mitternacht ging der Lärmen an; es kam Jemand zur Kammer hinein gepoltert mit einem ziemlich großen Gerassel, und kam recht nach dem Bett zu. Der gute Schoock vergaß hierüber all seinen vorigen Muth, erschrack von ganzem Herzen und kroch vor rechter Angst mit all seinen Prinzipien unter das Deckbett. Das Gespenst unterdessen, welches in alter deutscher Kleidung und in der Gestalt eines Kriegsknechtes erschien, wollte ihm seinen Zweifel von Grund aus auflösen, hob deshalben die Decke auf, nahm Schoocken davon weg, stieß ihn unter das Bett hinein und legte sich selber an seine Stelle. Hier konnte er nun auf keinen Augenbetrug denken, weil er sich wirklich angegriffen fühlte, auch konnte er sich nun keine Täuschung einbilden, weil er eine wirkliche Ortsveränderung, nämlich aus dem Bette bis unter dasselbe gewahr ward.

Nach einer Stunde Zeit stand der gespenstige Soldat wieder auf und machte sich von dannen weg. Unterdessen befand Schoock sich in tausend Aengsten und lernte herzlich beten. Da er nun endlich kein Gespenst mehr wahrnahm, kroch er unter dem Bette hervor, zog seine Kleidung an, ging hinunter und bezahlte seinen Wirth. Dieser, weil er ihn sehr erschrocken sah, fragte, ob er etwas von Gespenstern vernommen hätte? Aber Schoock, der ihm keine Rechenschaft geben wollte von dem, was ihm begegnet, sagte, allein um seine vorige Gutmüthigkeit in Leugnung der Gespenster zu verblümeln: Wer weiß, wer mir den Schabernack angethan hat? Jedoch ist er nachher niemals vermessen in Verachtung der Gespenster gewesen.

Quelle: Johann Georg Theodor Grässe: Sagenbuch des Preußischen Staates 1–2, Band 1, Glogau 1868/71, S. 205-206