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Die Denksäule zu Milstrich

  Mündlich. 
  Oberlaus. Kirchengallerie S. 107.

Bei Kamenz liegt ein Dorf, das heißt zu deutsch Milstrich, wendisch aber Jtrow. Dieses Dorf hatte früher ein in der dortigen Gegend wohl berühmtes Heiligthum, das in einem uralten Denksteine bestand, auf welchem die Auferstehung Christi abgebildet war.

Anmerkungen: Jitrow ist eine andere Form für jutrow; Jutro heißt Morgen, Jutrobog ist der bekannte wendische Morgen- und Frühlings-Gott, nach dem auch das Städtchen Jüterbog heißt. Jutry, pluralis (majestaticus) von jutro, heißt aber bei unsern Wenden das Osterfest, „der große Morgen.“ Wahrscheinlich blühte in Jitrow der Kultur des slavischen Ostergottes Jutrobog und die christlichen Priester knüpften wie so oft an den heidnischen Götzendienst an, um die Lehre von der Auferstehung zu popularisiren.

In der Gegend von Muskau heißt übrigens Ostern nicht jutry wie weiter westlich, sondern jastry. Dies stellt augenscheinlich die Verbindung her mit dem germanischen easter, eoster, oster. Die Lüneburger Wenden haben gleich den Muskauern das st, aber dunkle Bofale: justroi, gastroi. Das g der letzteren Form findet sich wieder im böhmischen gitro. (Morgenstern heißt wendisch juterniza).

Quelle: Karl Haupt, Sagenbuch der Lausitz, Leipzig, Verlag von Wilhelm Engelmann,1862