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Die Räuber vom Eckernkrug im Schimmerwalde

Weit verrufen ist der Schimmerwald zwischen Harzeburg und Ilsenburg wegen der Räuber, die früher in ihm hausten. Eine alte Frau, die auf Klausthal am Zellbache wohnte und deren Tochter als hochbejahrte Frau in jener Stadt noch am Leben sein soll, wurde einmal im Schimmerwalde von der Nacht überfallen und suchte im Eckernkruge ein Obdach, da schlief sie auf dem Fußboden in der Stube. In der Nacht aber kamen viele Räuber, die führten einen dicken Mann gefangen daher, den schlachteten sie, zertheilten das Fleisch und machten Wurst davon. Ehe sie das aber thaten, leuchteten sie über die alte Frau hin und kitzelten sie sogar an den Fußsohlen, um zu sehen, ob sie auch wol fest schliefe. Hätte sie sich dabei nur im Geringsten bewegt, so wäre sie auch ermordet; allein sie überstand alle diese Proben und sah doch genau was vorging. Am andern Morgen sagten die Räuber, sie hätten in der Nacht ein Schwein geschlachtet, ob sie denn nichts gehört hätte. Gar nichts, sagte die Alte, sie habe in ihrem Leben noch nicht so gut geschlafen als diesmal, und dabei sah sie die Räuber sehr freundlich an. Hätte sie aber das nicht gethan, so hätte sie doch noch sterben müssen. Da setzten die Räuber ihr Wurstsuppe hin, und die Alte vom Zellbache aß die Wurstsuppe und lobte sie. Hätte sie das nicht gethan und nur den geringsten Ekel gezeigt, so hätte sie sterben müssen. Danach brachten ihr die Räuber eine frische Wurst, die schlug sie in ein Tuch ein und sagte, die wollte sie ihren Kindern mitnehmen und bedankte sich viele, viele Male dafür. Hätte sie das nicht gethan, so hätte sie doch noch sterben müssen, so aber ließen sie die Räuber ihres Weges gehen. Als sie nun eine Strecke weit im Walde fortgegangen war, traten zwei Männer zu ihr, die sie nicht kannte, und fragten, wo sie denn übernachtet hätte; weil sie nun sagte auf dem Eckernkruge, fingen sie an die Leute aus dem Eckernkruge zu belästern und sagten, daß von denen viel Böses geredet werde. Allein die Alte sagte: Allen könne man es nicht recht machen und die Lästerzungen lauerten selbst den Besten auf; sie aber sei nicht leicht zu mildthätigern Leuten gekommen als zu denen auf dem Eckernkruge, und zum Beweise wies sie noch die Wurst vor, die sie ihr geschenkt hätten. Hätte sie das nicht gethan, so hätte sie doch noch sterben müssen, denn die Männer gehörten zu der Räuberbande. Sie gingen jetzt von ihr fort, aber nach einer Weile traten wieder zwei Männer zu ihr, die machten abermals die Leute auf dem Eckernkruge schlecht und sagten gerade heraus, sie hätten gehört, es seien Räuber. Da wies die Frau von neuem ihre Wurst vor, rühmte die Mildthätigkeit der Leute und sagte geradezu, sie glaubte, solche guten Leute als die vom Eckernkruge gebe es auf Gottes Erdboden nicht mehr. Hätte sie aber das nicht gesagt, so hätte sie immer noch sterben müssen, denn auch diese Männer sind Räuber gewesen. Sobald die Alte nun glücklich aus dem Schimmerwalde heraus war, lief sie so schnell sie konnte nach der nächsten Ortschaft. Da verkündigte sie der Obrigkeit Alles was sie gesehen hatte, und die Räuber wurden gefangen genommen. Als sie nun an Händen und Füßen gebunden auf einem Saale da lagen, wurde das Mütterchen zu ihnen geführt und sagte aus: daß sie alle diese Männer zur Nachtzeit auf dem Eckernkruge habe ein- und ausgehen sehen, wie sie den dicken Mann geschlachtet hätten. Die Räuber aber schäumten vor Wuth, als das Mütterchen, dem sie so schwer das Leben geschenkt hatten und von dem sie nun doch überlistet waren, gesund und munter zwischen ihnen herumging.

Quellen: