Manes und das Geldfeuer

  Wilhelm Anders: Marmagen vor 70 Jahren. In: Eifelvereinsblatt Oktober 1911, Seite 215/216

Ich bin oft von meiner Arbeitsstätte auf fremden Dörfern spät in der Nacht zurück nach Marmagen gewandert und mir ist so vieles begegnet, dass ich vom Dasein der geisterhaften Gewalten, die dem Menschen Gutes aber auch Böses zufügen, überzeugt bin.

Den Weg von Steinfeld bin ich des Abends nie gern gegangen, nicht nur, weil er so unbequem bergab und bergauf führt und bei Nacht im dunklen Wald schlecht zu finden ist, sondern auch, weil er unheimlich ist und weil sich dort allerlei Gespenster umhertreiben. Cremer-Mattes in Steinfeld gab mir viel Geld zu verdienen, und wenn eine Arbeit dringend war, musste ich abends bei der Laterne schaffen. So hatte ich eines Abends lange gearbeitet, um fertig zu werden und machte mich nun, froh des eingesäckelten Lohnes, auf den Heimweg.

Ich ging natürlich den geraden Weg über Ramberg (Nähe Hallenthaler Mühle) und Kuhlenberg (Kaulenberg, von Marmagen aus Richtung Bahrhaus, Spitze des Halbig Waldes). Ramberg war ich hinuntergestiefelt, das Tal hatte ich überwunden und wollte eben in den Pfad über Kuhlenberg einbiegen, da sah ich linker Hand unweit meines Weges ein Feuerchen an „Klomespötzche“. (Wasserlache, „wo Vieh und Mensch sich labten“, links vor Halbig. Im Steinfelder Urkundenbuch von 1502/03 „Kloemensputz“ genannt).

Froh, dass mir Gelegenheit geboten wurde, meine ausgegangene Röchelmaschine (Pfeife) wieder in Gang zu bringen, ging ich auf das Feuer zu, zog meine Feuerzange - die ich immer bei mir trage - aus der Tasche und nahm eine Kohle. Auf dem Weg zur Pfeife ging die Kohle aus, eine zweite ebenso und einer dritten ging es nicht besser. Ärgerlich steckte ich die Zange mit der letzten Kohle in die Tasche, und meinem Mund entfuhr ein etwas gesalzener Fluch.

Augenblicklich war das Feuer wie weggeblasen, und es fing an, in meinem dummen Kopf hell zu werden. Was hatte ich Stockfisch angerichtet, welchen Schaden mir durch vorzeitiges Sprechen zugefügt! Ich hätte die erlöschenden Kohlen Stück für Stück in meiner Tasche sammeln müssen und keinen Laut von mir geben dürfen. Ich Esel hatte nämlich vor einem Geldfeuerchen gestanden, in meiner unverzeihlichen Dummheit aber die günstige Gelegenheit, Geld, viel Geld mühelos zu erwerben, ungenutzt vorübergehen lassen. Von Angst und Zorn fast sinnlos, stolperte ich nach Haus.

Dass unsere Leute das Bett schon aufgesucht hatten und mir die Antwort darauf, wie es mir ergangen sei, erspart blieb, war mir nur angenehm. Ich kroch auch gleich ins Bett, aber es wollte kein Schlaf kommen. Wie gerädert erhob ich mich am anderen Morgen, und weder Pfeife noch Essen schmeckten mir. Allen Fragen über den Grund meiner schlechten Laune wich ich aus, um nicht ausgelacht oder ausgescholten zu werden.

Im Verlauf des Tages fand ich in der Tasche die vermeintliche Kohle, aber was war aus ihr geworden! Gold, pures Gold hatte ich in der Hand! 'Et Goldschmettche' von Gemünd hat mir drei Taler dafür gegeben. Trotzdem muß ich mir noch heute Vorwürfe über meine grenzenlose Dummheit machen.

Quelle: www.sophie-lange.de