<<< zurück | Hamburgische Geschichten und Sagen | weiter >>>

Marx Meyer, oder was aus einem Hamburger Grobschmidt werden kann

(1533)

  Geschichtlich. Die Einzelheiten in handschriftl. Chroniken. 
  Benutzt ist auch: von Alten, Graf Christoff von Oldenburg; 
  hiernach ist Marx Meyer von vier Pferden zerissen und mit ihm sein Bruder Gerd Meyer hingerichtet worden. 

An der Wiege wird’s ihm nicht vorgesungen sein, dem Marx Meyer, was später aus ihm werden und wie er enden würde. Und als er ein gelernter Grrobschmidt war und auf der Wanderschaft hie und da einen Kriegszug mitgemacht hatte, da schwoll ihm wohl der Muth nach großen Dingen, aber noch kam’s nicht dazu. Er setzte sich nach ehrbarer Bürger Weise in seiner Vaterstadt Hamburg, und hat noch 1530 oder 1531 als Meister Grobschmidt die beiden großen eisernen Rohren zur Bornmühle oder Wasserkunst bei der Alster selbst geschmiedet. Er war ein großer, schöner, starker Mann mit feurigen Augen und mächtigem Barte, und wer ihn in seiner Schmiede am Amboß den Hammer schwingen sah, der meinte, einen der alten Nordischen Wikinger zu sehen, der sich ein Schwert schmiede, so kühn und dreinschlagend sah er aus. Es ließ ihm aber nimmer Ruhe, er mußte hinaus in die Welt, darum nahm er wieder Kriegsdienste und vollbrachte als Fähndrich unter den Lübeckern manche verwegene tollkühne That auf einem Zuge nach den Niederlanden. Als sodann Lübeck dem Kaiser 800 Landsknechte gegen die Türken schickte, wurde Marx Meyer zu deren Hauptmann bestellt, und zog gen Ungarn. Und als nach Jahresfrist der Krieg beendet war, kam er reich an Ehre und Beute mit seiner Schaar wieder heim, zog durch seine Vaterstadt Hamburg und besuchte seine Freundschaft als ein stolzer großer Herr.

Am Tage Viti ritt er wieder von hier fort nach Lübeck, im vollen Küraß mit großen Federn auf dem Helm, überaus herrlich anzusehen, „denn, obschon er nur ein Grobschmidt war, so war er doch ein so ansehnlicher geschickter Kerl, daß er für den besten Edelmann passiren kunnt.“ Und wie er von hier ritt, Trompeter vorauf, 40 Harnischreiter im Gefolge und zwei Rüstwagen voller Beute hinterdrein, da gaben ihm seine Hamburgischen Freunde das Geleite, als Tydeke Moller, ein Reitendiener, Cord Goldener, ein Junkerbrauer, Jochim Twestreng, Timmo Schröder und Andere.

Und als er nun so herrlich in Lübeck eingezogen war, und ob seiner Thatkraft und Freigebigkeit vom Volke fast angebetet wurde, da verliebte sich des Bürgermeisters Lunte reiche Wittwe in den schönen Mann, und wider ihrer Sippschaft Willen freiete er sie, und gewann dadurch große Güter und noch größeres Ansehen. Wen’s beliebt, der kann es in der Lübschen Geschichte nachlesen, wie Marx Meyer dann Wullenweber’s Freund und immer mächtiger in Lübeck geworden ist; und wie er als Befehlshaber der Lübschen Flotte Holländische und Spanische Schiffe nahm, in England landete, daselbst aber, als wäre er ein Seeräuber, in den Thurm gesetzt wurde. Der König Heinrich VIII. indeß, der ihn vor sich ließ, fand Wohlgefallen an ihm, gab ihm die Freiheit und eine güldene Gnadenkette, wobei er ihm eigenhändig zum Ritter schlug.

Nachmals ist der Ritter Marx Meyer wiederum nach Hamburg gekommen, aber nur durchpassirt. Er hat viele Züge in Holstein gemacht und ist dann mit einer Flotte nach Dänemark und Schweden gefahren, woselbst er bei Helsingborg in der Dänen Gefangenschaft gerieth und nach Wardbiergschloß gebracht wurde. Er wußte aber 30 Mann zu gewinnen, mit denen überrumpelte er die ganze Besatzung und wurde Herr des Schlosses, das er 15 Monate lang behauptete. Dann aber wurde es erstürmt, und am 17. Juni 1536 wurde der Ritter Marx Meyer daselbst enthauptet, sein Körper geviertheilt und aufs Rad gelegt, der Kopf aber oben drauf gesteckt.

Quelle: Otto Beneke: Hamburgische Geschichten und Sagen. Hamburg: Perthes-Besser & Mauke, 1854