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Kaiser Maximilian und Maria von Burgund

  Aug. Lercheimer Bedenken von Zauberei Bl. 18. aus mündlichen Erzählungen.

Der hochlöbliche Kaiser Maximilian I. hatte zum Gemahl Maria von Burgund, die ihm herzlich lieb war, und deren Tod ihn heftig bekümmerte. Dies wußte der Abt zu Spanheim, Johannes Trithem wohl, und erbot sich dem Kaiser: so es ihm gefalle, die Verstorbene wieder vor Augen zu bringen, damit er sich an ihrem Angesicht ergötze.

Der Kaiser ließ sich überreden, und willigte in den gefährlichen Vorwitz. Sie gingen mit einander in ein besonderes Gemach und nahmen noch einen zu sich, damit ihrer dreie waren. Der Zauberer verbot ihnen, daß ihrer keiner bei Leibe ein Wort rede, so lange das Gespenst gegenwärtig sey. Maria kam herein getreten, ging säuberlich vor ihnen vorüber, der lebendigen, wahren Maria so ähnlich, daß gar kein Unterschied war und nicht das Geringste mangelte.

Ja in Bemerkung und Verwunderung der Gleichheit ward der Kaiser eingedenk, daß sie am Halse hinten ein kleines schwarzes Flecklein gehabt, hatte Acht darauf und befand es also, da sie zum andern Mal vorüber ging. Da ist dem Kaiser ein Grauen ankommen, hat dem Abt gewinkt, er solle das Gespenst wegthun, und darnach mit Zittern und Zorn zu ihm gesprochen: „Mönch, mache mir der Possen keine mehr;“ und hat bekannt, wie schwerlich und kaum er sich habe enthalten, daß er nicht zu ihr geredet.

Quellen: