<<< zurück | Deutsche Sagen - Band 1 | weiter >>>

Der Kessel mit Butter

  Mündlich, aus Oberwallis

Unter einem Berg des Visperthales, nicht weit von Alt-Tesch, soll ein ganzes Dorf mit Kirche und Häusern vergraben liegen, und die Ursache dieses Unglücks wird so erzählt: eine Bäuerin stand vorzeiten an ihrem Heerd und hatte einen Kessel mit Anke1), welche sie auslassen wollte, über dem Feuer hangen; der Kessel war gerade halb voll Sud.

Da kam ein Mann des Weges vorbei und sprach sie an, daß sie ihm etwas von der Anke zu seiner Speise geben möchte. Die Frau war aber hartherzig und sagte: „ich brauch alles für mich selber und kann nichts davon verschenken.“ Da wandte sich der Mann und sprach: „hättest du mir ein weniges gegeben, so wollte ich deinen Kessel so begabt haben, daß er stets bis zum Rand voll gewesen und nimmer leer geworden wäre.“ Dieser Mann war unser Herrgott selber.

Das Dorf aber war seit der Zeit verflucht und wurde von einem Bergsturz ganz überschüttet, so daß nichts mehr davon am Licht ist, als die Fläche des Kirchen-Altars, der ehdem im Ort gestanden; über den fließt nämlich jetzt das Bächlein, das vorher unter ihm hingeflossen und sich nun durch die Schlucht der Felsen windet.

Quellen:


1)
Anmerkung Sagenwiki: Anke oder Anken, alemannisches Wort für Butter