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Das gespenstige Kalb in Oelsnitz

  S. Köhler a. a. O. S. 500.

Vor ohngefähr 40 Jahren sollte ein Maurer in Oelsnitz in einem Hause der Altstadt den obern Hausplatz und die Gänge weißen. Derselbe kam dabei der Thüre der Oberstube nahe und fand sie ein wenig offen; hauptsächlich um das Farbenmuster der Wände zu sehen, schaute er hinein und erstaunte nicht wenig, als er den in der Mitte stehenden Tisch ganz mit Geld belegt sah.

Der Maurer trat sogleich zurück und weißte fort. Bald darauf kam er an eine Kammer, die ihre Thüre auch auf der Seite des Hauptplatzes hatte. Auch diese stand ein wenig offen, und neugierig schaute er auch da hinein und erblickte mehrere Laden und anderes Geräth. Beim Ueberblicken dieser Sachen erhob sich hinter einer Lade ein Kalb von gewöhnlicher rothbrauner Farbe. Den Maurer überlief ein Schauer, er machte, daß er bald fertig wurde, und mochte sich nicht mehr umschauen.

Daß sich auch zu anderer Zeit in jenem Oelsnitzer Hause und zwar im obern Stocke desselben, ein Kalb habe sehen lassen, wird noch jetzt von Einigen behauptet.

Quelle: Johann Georg Theodor Grässe: Der Sagenschatz des Königreichs Sachsen, Band 2. Schönfeld, Dresden 1874, Seite 55