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Der Bergmönch

  S. Harrys, Niedersächs. Sagen. Bd. II. S. 2.

Der Bergmönch ist früher ein Bergmeister gewesen. Der hat solche Freude am Bergbau gehabt, daß er im Tode den lieben Gott gebeten hat, er möge ihm statt der seligen Ruhe im Himmel lieber die Erlaubniß geben, bis auf den jüngsten Tag in Berg und Thal und Gruben und Schachten umherzufahren und den Bergbau zu beaufsichtigen. Diese Bitte ist ihm gewährt. Der Bergmönch erscheint den Menschen in der Kleidung eines Bergmeisters mit einem silbernen Grubenlichte. Seine Beschäftigung ist diese: Er durchfährt alle Stollen, durchspürt jeden Bau, geht auch am Tage (das heißt auf der Oberfläche der Erde) an solchen Stellen, unter denen Erzgänge liegen, hin und her, und zwar bald langsam, bald schnell wie der Blitz. Bisweilen setzt er sich auf die Kunstgestänge, oder er hält sie auf, oder er drillt auch die Wasserräder, je nachdem seine Laune ist, oder je nachdem er den Schützer leiden mag oder nicht. Er tritt manchmal aus dem festen Gestein heraus in den Gruben, und das feste Gestein thut sich vor ihm auf, und ist er hineingetreten, schließt es sich hinter ihm so fest, daß keine Spur bleibt. Man hat ihn des Nachts oft aus alten Stollenmundlöchern und aus alten Pingen, auch aus den engsten Räumen der Radstuben herauskommen und in demselben verschwinden sehen. Wem er gut ist, dem thut er manchen Gefallen, macht ihm Geschenke und erscheint ihm in Menschengestalt und in Menschengröße. Wem er böse ist, oder wo er sich unbeachtet glaubt, oder sich um das Auge des Menschen nicht kümmert, erscheint er in seiner wahren Gestalt. Dann ist er riesengroß, gekleidet wie ein Geschworener. Seine Augen sprühen Flammen und sind wie Kutschenräder, sein silbernes Grubenlicht ist so groß wie ein Scheffel und die Flamme desselben ist von entsprechender Größe und Helle, seine Beine sind wie Spinnengewebe. Wenn ein Bergmann seine Pflicht nicht thut, giebt er ihm den Rest.

Quellen: