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Der Köhler und Venediger am Brocken

  Nach Pröhle S. 125.

Ein Köhler kohlte oben am Brocken, da kam Jemand und bat um Nachtquartier, that sich auch an dessen Scheibensuppe (Brodsuppe) ordentlich etwas zu Gute. Darnach sagte er: Nachts um 11 Uhr wollten sie auf eine Wiese gehen, wenn er ihn dann zuerst anrede, so solle er stehen bleiben, wenn er ihn aber wieder anrede, solle er mitgehen. Vorher schritt der Fremde dreimal um des Köhlers Meiler, damit das Feuer nicht ausging. Der Fremde zog im Walde ein Buch aus der Tasche und rührte ihn an. Er las im Buche und auf einmal ward es Tag. Da waren sie auf einer großen Wiese und hier standen lauter Johannisblumen. Da sollte er pflücken, pflückte aber nur einen kleinen Strauß, der Fremde pflückte sich eine ordentliche Vase. Danach sagte der Fremde in der Köthe: es würden dem Köhler in diesem Jahre noch 3 Pferde caput gehen, er solle doch ja das Sträußchen aufheben (das er unter die Bank geworfen hatte). Wenn die Pferde caput gingen, solle er nach der Stadt gehen, sich einen irdenen Topf kaufen und dafür geben, was die Töpferfrau dafür fordere. Darauf solle er sich 3/4 Maß Braunbier kaufen, es in den Topf geben, das Sträußchen zerschneiden und den Topf in die glühenden Kohlen, die in der Köhlerhütte waren, roden und 48 Stunden stehen lassen. Dann solle er sich ein Loch roden und den Topf 8 Tage in die Erde stellen. Wenn er ihn dann aufmache, so würde er sein Glück schon sehen. Wirklich ging dem Köhler nach 6 Wochen ein Pferd caput und nach 14 Tagen wieder zwei. Als er den Topf aufmachte, war so viel Gold darin, als er Braunbier hineingegeben hatte. So konnte er sich seine Pferde wieder kaufen und jetzt ist er ein Ackermann. Die Stelle, wo die Blumen standen, war aber an einem dreieckigen Pfahl zwischen der Brockenspitze und dem Borkenkruge. – Nach andern Erzählungen werden die Blumen erst unter's Dach gesteckt, ehe sie gekocht und zu Gold werden, und der Köhler kaufte sich zuletzt ein Haus im hohen Geiß.

Quellen: