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Von dem Abgott Zuttiber zu Merseburg
Nach Vulpius S. 46.
Die Ureinwohner der Stadt Merseburg haben heidnischen Göttern gedient, so dem Mars und der Venus, deren Tempel hier gestanden haben und von denen der erstere der Stadt den Namen gegeben hat: Martisburgum.1) Sie haben auch die Sonne, den Mond und das Feuer angebetet, davon zeugt noch der Name des Dorfes Lunau oder Leina. Sie haben auch die Isis als eine Erfinderin des Getreides und guten Bieres verehret, so wie die Vesta, von der das Dorf Vesta an der Saale den Namen hat. Sie haben ferner dem Abgotte Irmensaul gedient, der vorzeiten an dem Orte des St. Petriklosters seinen Anbetern sich dargestellt hat. Insonderheit haben aber die Bürger zu Merseburg und die Landschaft um diese Stadt den Zuttiber als einen Wald- oder Holzgötzen geehrt und demselben einen Eichenwald geheiligt, darin Niemand bei Verlust seines Lebens einen Baum noch Ast abhauen durfte, nicht weit von der hohen Brücke, dahin zu gewisser Zeit des Jahres viele Wenden und andere Heiden von nahen und fernen Orten zusammengekommen und dem Zuttiber geopfert, auch denselben angebetet haben. Darzu waren gewisse Priester bestellt, die ihre sonderbaren Ceremonien bei den Opfern gehalten. Solcher Eichenwald nebst dem Götzen ist bis auf die Zeit Wyberti III. Bischofs zu Merseburg im Stande gewesen, welcher im Jahre 1008 diesen Wald und Abgott niederhauen und verbrennen ließ. An derselben Stelle hat er aber die Kapelle des heil. Romanus gebaut und von dem genannten Eichwalde hat man hernach auf lange Zeit bis tief in das 16. Jahrhundert hinein etliche lange, dicke eichene Bäume, Stöcke und Stifte in den Ufern der Saale, zumal wenn das Wasser hell war, stecken sehen.
Quellen:
- Johann Georg Theodor Grässe: Sagenbuch des Preußischen Staates, Band 1, Glogau 1868/71, S. 326-327;