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Eine alte Weissagung von Straßburg

  August Stöber

Uralten Prophezeiungen zufolge, deren Nachklänge bis auf uns gekommen, soll einmal bei Straßburg eine furchtbare, blutige Schlacht geschlagen werden. Bestimmter lautet eine andere Sage, daß es der König von Frankreich sei, der einst bei Strasburg in einer äußerst blutigen Schlacht besiegt werden wird.

Dieser alten Weissagung geschieht Meldung in Doktor Martin Luthers Tischreden, wenn daselbst von der Stadt Straßburg also stehet: »Dies und dergleichen Stätten sind Vorbereiter und Vordraber zum Schlachtbanck, entweder durch den Türken oder den Kayser.« Da sprach Magister Philipp Melanchthon: »Es ist eine sehr alte Prophezeiung, daß der König von Frankreich bei Straßburg soll geschlagen werden, und dies ist sehr wahrscheinlich, denn diese Statt ligt an der Gräntz und im ersten Anlaufs, ist eine Vestung, dieselbige wird der Kayser und Franzoß zum ersten angreiffen.«

Bekannt ist auch die Kaiser Karl V. zugeschriebene Rede Straßburgs halber. »Wenn,« so soll der politisch weit aussehende Monarch sich einst geäußert haben, »wenn er zu gleicher Zeit die Nachricht erhielte, der Türke belagere Wien und der Franzose überziehe Straßburg, so würde er für den Augenblick Wien seinem Schicksal überlassen und Straßburg schleunigst Hilfe bringen.« Und wahrlich, Karl V. urteilte nicht unrichtig: Die Geschichte hat seine Ahnung als richtig bewiesen.

Es ist bemerkenswert, daß jene alte Weissagung, die große Völkerschlacht betreffend, die einst bei Straßburg geschlagen werden soll, sich noch hie und da im Lande erhalten hat. Noch lebt sie namentlich bei dem Landvolk in der Pfalz, und sonderbarerweise ist Melanchthon, welcher derselben in seinen Unterredungen mit Luther gedenkt, in der Gegend geboren, in Bretten im Badischen, wo noch jetzt diese Sage geht.

Quelle: Sagen und Geschichten aus deutschen Gauen, Verschiedene Autoren,