Feuerspeiend und funkenstiebend

Viele Frauen haben den Drachen, welcher ihnen Milch, Butter, Getreide und Geld zuträgt. Um ihn in ihre Dienste zu bekommen, müssen sie sich dem Teufel verschreiben. Anno 1709 ward in Budissin eine Seele von solchem Pakt errettet und aus des Satans Händen gerissen; daher auch öffentlich in den Kirchen darum dem gnädigen Gott gedankt worden.

Bei den Oberlausitzer Wenden heißt der Drache ton smij, bei den Niederlausitzern ten pljon. Er zieht als eine feurige Lufterscheinung durch den Schornstein in das Haus. Es gibt verschiedene Arten. Der Getreidedrache (zitny smij) füllt den Kornboden seines Besitzers; der Milchdrache (mlokkowy smij) sorgt für den Milchkeller der Frau Wirtin; der Gelddrache (penezny smij) lässt es seinem Herrn niemals an Geld fehlen.

Er schleicht sich bei den Menschen auf folgende Weise ein. Irgendwo sieht man einen Dreier liegen. Nimmt man diesen zu sich und verwahrt ihn gut, so liegt morgen ein Sechser da, und so wächst nach jedesmaliger Hinwegnahme des gefundenen der Wert des Geldstücks bis zu einem Speziestaler.

Eignet man auch diesen sich zu, so hat man einen Hecktaler und einen Drachen am Halse. Jeder Drache will gut abgewartet, gefüttert und mit höflichen Worten behandelt sein. Er ist ein hässliches, gräuliches Wesen, das mehrere Gestalten annehmen kann.

Als ein Feuergeist hat er seine verborgene Wohnung in der sogenannten Hölle hinter dem Ofen. Er verlangt, dass man ihm gutes Essen auf die Ofenplatte hinsetze, als Milchhirse, Fleisch usw., was er verzehrt, wenn alles im Hause schläft. Versieht es der Wirt oder die Wirtin darin, so steckt er ihnen das Haus über dem Kopfe an und geht davon.

Um den Gelddrachen auf eine unschädliche Weise los zu werden, gibt es nur das einen Mittel, den Taler zu verkaufen, aber unter seinem Werte, damit es der Käufer merke, dass darunter etwas verborgen liege und alles mit seiner stillschweigenden Einwilligung vollzogen werde.

Quelle: Alfred Meiche, Sagenbuch des Königreichs Sachsen, 1268 Sagen in 10 Kategorien, Leipzig 1903, Seite 308