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Eulenspiegel kommt wieder nach Braunschweig und wird Bäckerknecht

Da der alberne Eulenspiegel in Halberstadt mit seinen Possen kein Glück hatte, so begab er sich nach Braunschweig und kehrte in der Bäckerherberge ein. Hier fragte ihn der Herbergsvater, was er wäre.

Er sprach: »Ein Bäckerknecht.«

Indem kam ein Bäckermeister, der sprach zu Eulenspiegel: »Willst du mir dienen, so komm mit mir.»

Und Eulenspiegel folgte ihm nach. Als er nun zwei Tage bei demselben gewesen war, hieß ihm der Meister des Nachts backen, mit dem Andeuten, dass er ihm aber nicht eher helfen könne als gegen Morgen.

»Gut«, sprach Eulenspiegel, »was soll ich aber backen?«

Der Bäcker ward über diese Frage zornig und antwortete spöttisch: »Eulen und Meerkatzen! Bist du ein Bäckerknecht und fragst, was du backen sollst?« Damit ging er fort, um zu schlafen.

Da ging Eulenspiegel in die Backstube, machte Teig und aus demselben lauter Eulen und Meerkatzen und backte sie. Des Morgens, als der Meister aufstand und nachsah, ob sein neuer Knecht das Backen gut besorgt habe, fand er weder Semmel noch Zwieback, noch Kuchen, sondern lauter Figuren wie Eulen und Meerkatzen. Darüber wurde er sehr zornig und sprach: »Knecht, was hast du gemacht?«

Eulenspiegel antwortete: »Was Ihr mir geheißen habt.«

Der Meister sprach: »Was soll ich mit dir Narren machen? Dergleichen Backwerk kann ich zu nichts gebrauchen.« Er packte Eulenspiegel bei der Brust und sprach: »Bezahle mir den Teig!«

Eulenspiegel sprach: »Wenn ich den Teig bezahlen soll, so will ich auch die Ware haben.«

Der Meister sprach: »Was frage ich nach der verdorbenen Ware!«

Also nahm Eulenspiegel die gebackenen Eulen und Meerkatzen in einen Korb und trug sie in die Herberge, die da Der wilde Mann hieß. Und da es eben Nikolausabend war, verkaufte er sein Backwerk schnell und teuer und löste mehr Geld daraus, als der Meister gefordert hatte. Das verdross den Bäcker und er dachte noch mehr von Eulenspiegel zu erhaschen, als er ihm abgefordert hatte, und ging hin, Eulenspiegel beim Gericht zu verklagen. Als aber die Gerichtsdiener kamen, war Eulenspiegel mit dem Geld schon davongegangen, und der habsüchtige Bäcker bekam nun gar nichts.

Quelle: Till Eulenspiegel in 55 radierten Blättern von Johann Heinrich Ramberg, mit Text nach der Jahrmarkts-Ausgabe. Verlag C. B. Griesbach. Gera. 1871