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Der Riesenstein in der Nassau

Auf dem Keilenberg bei Königsbrück, der nun zum Andenken des Königs Friedrich August des Gerechten der Augustusberg heißt, wohnten in grauer Vorzeit Riesen, die mit einer anderen Riesenfamilie auf dem Kulmberg bei Oschatz in Unfrieden lebten und sich mit Riesentannen und Wackersteinen von vielen Zentnern warfen. In beiden Familien ragte je ein Jüngling zur Freude seiner Eltern über alle seine Verwandten an Größe und Schönheit hervor, und beide liebten ein Mädchen, die schöne Tochter des Fürsten des Elbgaues, Bila, der da, wo nun das Dorf Zabel liegt, auf einer Felsenburg thronte. Die Jungfrau erwiderte aber die Liebe der Riesensöhne nicht. Als diese bei ihrem Vater um ihre Hand warben, da gab ihnen dieser die ausweichende Antwort, sie möchten seine Tochter erst zu verdienen suchen. Es hatte aber ein anderer das Herz des Mägdeleins gewonnen, und zwar ein armer Hirte, der die Lämmer an den sonnigen Höhen des Golkgebirges weidete.

Einst, als die Prinzessin am Ufer des Gaserbaches, der sich unterhalb der Neumühle in die Elbe ergießt, eingeschlafen war, näherte sich ihr eine giftige Schlange. Bevor sie aber der Prinzessin ein Leid antun konnte, erschlug sie der Schäfer. Die aus dem Schlummer aufgeschreckte Bila, welche eben von dem Jüngling geträumt hatte, sah in ihm nun ihren Retter und versprach ihm voll Dankbarkeit Herz und Hand. Lange aber blieb das Geheimnis der Liebenden den beiden Riesen nicht verborgen. Einst sahen sie ihn seiner Bila, die an jener Stelle des Baches auf ihn harrte, entgegengehen. Da erhoben beide, jener auf dem Keilen-, dieser auf dem Kulmberg, ungeheure Steinblöcke und schleuderten sie ihm entgegen. Er aber blieb unversehrt, denn er stand unter dem Schutz der Götter, weil er fromm und gut war. Als nun der alte Fürst diese Begebenheit erfuhr, nahm er den Schäfer als Eidam an und errichtete zum Dank gegen die Götter auf einem dieser Steine eine Opferstätte. Dieser Stein ist unterhalb Zabel auf Golker Revier noch heute zu sehen. Er führt den Namen Gose (Opferstätte), das Volk aber nennt ihn den Riesenstein.

Als die Riefen sahen, dass ihnen die schöne Bila für immer entrissen war, entbrannten sie unter sich in grimmigem Kampf, von dem nach ein zweiter Riesenstein am Rand der Nassau Zeugnis gibt. Der Sieger überlebte seinen überwundenen Gegner nur kurze Zeit.

Quelle: Oskar Ebermann, Die schönsten Sagen von der Elbe und den anliegenden Landschaften und Städten, Verlag Hegel & Schade, Leipzig