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Die heilige Bilhilde

Zu Hochheim am Main saß ein Geschlecht edler Franken, und noch gewahrte man in neuern Zeiten beim Ziehbrunnen allda Reste ihres Burgsitzes. Das war zu den Zeiten Chlodowigs, des Frankenkönigs. Dieses Geschlechtes einer hieß Iberich, dem ward ein Töchterlein geboren, das wurde Bilhilde geheißen, aber es emfping nicht die heilige Taufe, weil durch Feindesverheerung alle Priester ermordet oder entwichen waren. Doch sendeten die Aeltern das junge Töchterlein in seinem dritten Jahre gen Würzburg zu Kunegunde, einer Verwandten, und dort empfing es Lehre, und wurde unter die Zahl junger Katechumenen von den Priestern aufgenommen. Zur Taufe gelangte das Kind aber den/noch nicht, denn man hielt es für getauft und es selbst wußte nicht, daß es noch nicht der Taufe Sakrament empfangen. Das Mägdlein wuchs und blühte heran in Tugend und Gottesfurcht. Bilhilde blieb frei von Heidengräueln, die dazu mal noch neben dem Christenthum im Frankenlande heimisch waren, und der Ruf ihrer Schönheit, Frömmigkeit und Sitte drang weit umher in alle Gauen. Davon vernahm auch Hetan, des Thüringer Herzogs Ratulf Sohn, der war schon einmal vermählt gewesen, und hatte zwei Söhne und warb um die junge Bilhilde; Hetan aber war noch ein Heide und Bilhilde nahm ihn nur auf den dringenden Wunsch ihrer Aeltern zum Gemahl, und in der Hoffnung, es werde ihr gelingen, ihn zum milden Christenthum sammt den Seinen zu bewegen. Solches gelang ihr aber mit nichten, zu ihrer großen Kümmerniß, daher lebte sie sehr still und schmucklos, in den Uebungen strenger Kasteiung und Buße. Hetan fand den Tod in der Schlacht, und seine Wittwe empfand ein Sehnen nach íhrer Mutter, auch ward ihr von dem Thüringervolke mit Undank gelohnt, daß sie die Christuslehre unter ihm auszubreiten bemüht gewesen, sie wurde verfolgt und zur Flucht genöthigt, und stieg mit ihren Jungfrauen zur Nacht in ein Schiff, ohne Steuer und Fährmann. Aber Engel erschienen, die lenkten das Schifflein an allen Untiefen und an allen Klippen glücklich vorüber auf der langen weiten Stromfahrt, von der fränkischen Saale in den Main und vom Main an Hochheim vorüber und landete in Mainz an, wo Siegbert. Bilhilden’s Ohm, Bischof geworden war, der empfing die fromme Jungfrau gar liebevoll, gab ihr Wohnung, und half ihr zum Besitz ihres Erbes in Hochheim, denn ihre Aeltern waren indeß verstorben. Darauf stiftete die fromme Bilhilde ein Kloster, Altenmünster zu Main von ihrem Erbgut, lebte gottergeben, züchtig, mildthätig, bis ihr Lebensziel fast erreicht war. Da träumte dreien Nonnen im selben Kloster, dem Bilhilde als Aebtissin vorstand, daß ihre Mutter und Oberin noch gar nicht getauft sei, und offenbarten es ihr, aber sie wollte und konnte das gar nicht glauben, bis es durch ein anderweites Gesicht oder durch die Stimme eines Engels auch ihrem Ohm offenbart wurde, der dann die fromme Christin in den Christenbund aufnahm. Nachher hat Bilhilde sich dem Weltleben völlig abgethan, und als sie verstarb, erschien ein Lichtgalnz um ihre irdische Hülle, und Wohlgeruch erfüllte ihre Zelle. Kranke genaßen in ihrer Nähe, Blinde wurden sehend und Todte wandelten. Bilhilde wurde die erste Heilige des Frankenlandes.

Viele sagen, Bilhilde sei noch bei Leben ihres Gemahls Hetan auf so wunderbar geleitetem Schifflein nach Mainz gekommen. Auch liegt eine Meile unterhalb Würzburg am Mainstrom ein Ort, heißt Veitshochheim, der hat sich auch, gleich Hochheim, Bilhilden’s Herkunft, und daß sie ihm entstamme, angenommen, hat ihr einen eigenen Festtag gestiftet und bewahrt und verehrt vom ihr Reliquien.

Quellen: