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Die weiße Riesenfrau zu Kortryk

Zu Kortryk wohnte ein Gerber, das war ein gar wollüstiger Mensch und der konnte trinken trotz dem besten Schulmeister. Eines Tages kam er nachts zwischen zwölf und eins aus der Schenke und wollte nach Hause gehen. Auf dem Weg hörte er plötzlich Tritte hinter sich und als er sich umsah, bemerkte er eine weiß gekleidete Frau, die in einiger Entfernung hinter ihm kam. Da dachte er, er wolle die Frau mit sich nehmen und ihre Gunst genießen, und ging langsamer, damit sie ihn bald einholen könne. Dabei sah er sich öfters um, ob sie noch nicht bei ihm wäre. Je häufiger er sich aber umsah, desto größer wurde die Frau. Als er das merkte, ging er schneller und lief endlich so sehr er konnte. Als er an der letzten Ecke, um die herum er in sein Haus musste, noch einmal umschaute, war die Frau gut zweimal so groß als er. An der Haustür angekommen, öffnete er so rasch wie möglich und stürmte die Treppe hinauf bis zum zweiten Stock, wo sein Schlafzimmer zur Straße hin lag. Da eilte er hinein und riss das Fenster auf, um zu sehen, wo das Riesenweib wäre. In demselben Augenblick aber blickte die Frau mit ihren schüsselgroßen Augen ihn durch das Fenster an. Schnell warf er dieses zu und kroch in sein Bett, wo er die Decke über die Ohren zog. Als er am nächsten Morgen in den Spiegel schaute, waren seine Haare alle schneeweiß.

Quellen: