Der Teufelstritt bei Nideggen

In der Nähe von Nideggen ragt ein Felsen empor, bei welchem im grauen Altertume ein Klausner lebte, der durch seine Ermahnungen zur Buße auf das Volk der ganzen Gegend den wohltätigsten Einfluss übte. Manche Seele entriss er dem Satan, welcher, darob sehr ergrimmet, auf Mittel sann, dem heiligen Bestreben des frommen Mannes entgegen zu wirken und ihn beim Volke verdächtig zu machen. Einst nun lag der Einsiedler krank in seiner Klause, und obwohl er zwar seiner Gewohnheit gemäß auch an dem Tage der Menge von dem benachbarten Felsen das Wort Gottes verkündet hätte, so fühlte er sich doch dazu zu schwach.

Das Volk, welches von seiner Krankheit nichts wusste, hatte sich unterdessen wieder zahlreich eingefunden, den geliebten Lehrer zu hören. Da nahm der Teufel die Gestalt des Klausners an und trat auf den Felsen, um durch eine Rede in seinem Sinne die Menge zu täuschen und vom rechten Wege abzubringen.

In demselben Augenblicke wurde jedoch der Klausner aus seinem Schlummer wie durch eine unsichtbare Hand aufgerüttelt; er fühlte sich ganz gesund und erstarkt. Seiner Pflicht und der großen Menge eingedenk, eilte er sogleich zum Felsen hin. Erstaunt aber gewahrte er daselbst seine eigene Gestalt zum Volke redend, und den Bösen ahnend, vertrieb er ihn durch das Zeichen des heiligen Kreuzes. Dieser flüchtete sich in die Höhle eines naheliegenden anderen Felsen (das Teufelsloch genannt), wurde aber auch von hier durch den Klausner vertrieben.

Indem der Böse sich in seiner wahren Gestalt zeigte, sprang er über den Felsen und verschwand für immer aus der Gegend. Noch sieht man den Eindruck, welchen er unter seinem Fuß beim Sprunge hinterlassen und jene ‚Kanzelley‘ genannt.

Quelle: Heinrich Hoffmann: „Von Römern, Rittern und ruschigen Juffern“ Zur Volkskunde des Jülicher Landes, Sagen aus dem Rurgebiet; eifelon.de