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Der Herr von Dalwitz zu Starzeddel

  Mündlich von Ackerbürger Schuster in Guben

Der Herr von Dalwitz in Starzeddel konnte allerlei Teufelskünste. Einmal fand eine Frau aus Starzeddel an der Schurrbrücke ein Schippel (Hühnchen), nahm es mit nach Hause und legte es unter den Tisch und sagte zu ihren Kindern: „Holt dem Hühnchen ein paar Körner!„ Da brachten sie einen Teller und thaten eine Handvoll Körner hinein. Als die Frau nach einer Weile wieder unter den Tisch sah, war der ganze Teller voll Getreide. Da sprach sie zu den Kindern: „Kinder, ihr werdet doch dem Schippel nicht gleich soviel geben!“ Diese antworteten, daß sie nur ein paar Körner in den Teller gethan hätten. Nun wußte die Frau, daß sie den Drachen mit in ihr Haus gebracht hatte, und sie trug das Hühnchen und den Teller mit dem Getreide sofort wieder an die Brücke.

Nach drei Tagen holte sich das Weib etwas Holz aus der Heide und kam wieder über die Schurrbrücke und fand einen ledernen Sack, wie ihn die Musikanten haben, um ihre Geigen hineinzustecken. Sie stieß den ledernen Beutel mit dem Fuße an und siehe da, er tanzte jetzt immer neben ihr her bis nach Hause und bis in ihre Stube hinein. Nun wußte sich die Frau in ihrer Angst keinen Rat und ging auf das Schloß zum Herrn von Dalwitz. Dieser sprach zu dem Weibe, als er den Beutel sah: „Nun,wie bist du denn zudem gekommen?“ griff in den Schrank, nahm die Reitpeitsche heraus und schlug auf den Ledersack und sagte: „Mach, daß du fortkommst!„ Die Frau, welche glaubte, daß sie gemeint sei, ging hinaus und wußte daher auch nicht, was weiter mit dem Beutel geschah. Der Herr von Dalwitz gab aber dem Weibe, die eine arme Witwe war, fortan alle Jahre ein paar Sack Korn.

Dieser Herr von Dalwitz kam nach seinem Tode wieder. Der Großknecht vom Gute sah ihn mehrere Male in der Heide nach Wald zu. Das erfuhr auch der Bruder des Verstorbenen und er sprach zu dem Großknecht: „Hast du ihn wirklich gesehen?“ Er antwortete: „Ja, gnädiger Herr, ich habe ihn gesehen!“ Da rief der Bruder: „Hast du ihn gesehen, dann hast du ihn gesehen, von nun ab wird ihn aber kein Mensch mehr sehen!“ Er soll ihn verbannt haben.

In die Jaulitzer Schenke kam oft der Nachtjäger mit seinen Hunden und zwar vom Garten herein. Die Hunde machten immer: kiffer-de-kaffer! Das soll der Herr von Dalwitz mit seinen Hunden gewesen sein. Der Herr von Dalwitz wurde im Grabgewölbe der Kirche zu Starzeddel beigeseßt. Wenn man einen Stein in das Gewölbe warf, so wurde er sofort wieder herausgeschleudert.

Quelle: Niederlausitzer Volkssagen vornehmlich aus dem Stadt- und Landkreis Guben, gesammelt und zusammengestellt von Karl Gander, Berlin, Deutsche Schriftsteller-Genossenschaft, 1894