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Der letzte Heller zu Volkersdorf

Bei Volkersdorf ist ein Wirtshaus, das heißt „der letzte Heller“. Weshalb es so heißt, das wissen die Leute wohl, aber sie sind darüber nicht ganz einig.

Die Einen sagen: Als das Haus fertig und schon die Schänkstube eingerichtet war, spintisirte der Wirth mit einigen Freunden hin und her und sie konnten nicht einig werden, wie sie es nennen wollten. Da trat ein Wanderbursch herein, warf sein Ränzel ermüdet unter den Tisch und sagte: „Herr Wirth, ein Glas Bier! Hier muß ich trinken und sollt es mich meinen letzten Heller kosten“. „Nun, da haben wir's ja“, riefen die Namenwähler, „keinen bessern Namen für ein Wirthshaus, als diesen. Es soll der letzte Heller heißen.„ Und der Wirth schenkte dem durstigen Wanderburschen, der ihnen aus der Noth geholfen, das Glas Bier vor Freuden umsonst und noch eins dazu.

Nicht gerade so lustig ist die andere Sage, aber auch nicht gerade traurig.

Der Herr von Volkersdorf, der sich vorgesetzt hatte, dahin ein Wirthshaus zu bauen, hatte Streit mit seinem Gutsnachbar von Schwerta wegen der Schankgerechtigkeit; denn der wollt es nicht leiden, daß eine Schänkstätte ihm so vor die Nase hingeseßt wurde. „Aber ich muß doch meinen Willen haben“, sagte der Volkersdorfer, „und sollt' es mich meinen letzten Heller kosten“. So prozessirten sie denn und er gewann glücklich den Prozeß und ließ zu Spott und Hohn des Schwertaer Herrn mit großen Buchstaben über des Hauses Thüre auf ein Schild schreiben: „Zum letzten Heller.“

Quelle: Karl Haupt, Sagenbuch der Lausitz, Leipzig, Verlag von Wilhelm Engelmann,1862