Hexe verrät sich

  Mündlich aus Hamich

In der Herrschaft Merode waren einem Manne drei Stück Vieh gefallen. Die Frau war trostlos; denn sie ernährten sich hauptsächlich von der Viehzucht. Ein Jude aus Langerwehe, der nach dem Unglück bei der Familie erschien, sprach: „Do es n kott Hangk em Stall gewäs.“ Der Jude nahm das Herz von einer Kuh, tat es trocken in einen Kessel und briet es. Die Frau mußte dabei sein. Der Jude schärfte ihr ein, kein Wort zu sagen, auch nichts aus dem Hause zu leihen, es möge kommen, wer da wolle. Die Türe war zwar im Schloß, durfte aber nicht verriegelt werden.

Beim Braten des Fleisches stach der Jude mit dem Messer in das Herz. Gleich darauf ging die Haustüre auf, und die Schwägerin der Frau trat verstört herein und sprach: „Schwiggische (Schwägerin), lennt mir e Luet Kaffeebonne!“ Die Frau schwieg, wie ihr geheißen. In Wut lief die Schwägerin wieder nach Hause und warf die Türe hinter sich zu. Der Jude stach nach kurzer Zeit zum zweiten Mal in das Herz. Da stürzte das Weib abermals herein und wollte das Nämliche geliehen haben. Abermals erhielt es keine Antwort. Wiederum lief die Hexe nach Hause.

Der Jude wäre verloren gewesen, wenn die Frau ein Wort geantwortet hätte. Zum dritten Mal geschah das gleiche. Der Jude brach jetzt das Schweigen und sprach: „Wissen Sie nun, wer Ihnen die Kühe behext hat?“

Quelle: Heinrich Hoffmann, Zur Volkskunde des Jülicher Landes, Sagen aus dem Indegebiet, 1914; Seehexen