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Wunderlicher Kornhandel

Aus Böhmen kam einmal ein schwer beladener Wagen über das Gebirge. Das Bäuerlein trieb die Pferde an, denn es lag ihm daran, die Höhe zu gewinnen, dann hatte er leichteres Fahren. Da gesellte sich Rübezahl zu ihm, wie ein Viehhändler gekleidet, und fragte ihn, was er geladen habe.

»Korn«, sagte der Bauer, »das will ich in Schmiedeberg verkaufen.«

Rübezahl fragte hierauf, was es kosten solle, er sei auch nicht abgeneigt, Korn zu kaufen.

»Das weiß ich nicht«, meinte der Bauer, »ich kenne den Kornpreis nicht, Ihr werdet ihn wohl wissen. Und wenn Ihr mir die Ladung abnehmen wollt, so wäre ich Euch dankbar, und meine Gäule auch.«

Da fing Rübezahl sogleich an, die Säcke abzuladen und in einen anderen Wagen, der ihm entgegenkam, auszuleeren. Die leeren Säcke füllte er mit etwas anderem und warf sie dem Bauern wieder auf den Wagen.

»Und mein Geld?«, fragte dieser.

»Ich habe dein Korn reichlich bezahlt«, antwortete Rübezahl, »und du brauchst deshalb kein sauertöpfisch Gesicht zu machen. Fahre ruhig heim, aber hüte dich, die Säcke zu öffnen! Bist du zu Hause, dann magst du tun, was dich gelüstet.«

Weil nun der Fremde sehr befehlend und sicher war, erhob der ehrliche Bauer keinen Widerspruch, wendete seinen Wagen um, fuhr davon und freute sich, dass ihm der lange Weg nach der Stadt erspart blieb.

Bald aber konnten seine Pferde nicht mehr vom Fleck, als ob sie eine ungeheure Last ziehen müssten. Er prüfte darauf die Säcke und fand, dass der erste, den er anfasste, so schwer war, als ob er mit Blei gefüllt wäre. Ohne langes Besinnen nahm er ihn und warf ihn ungeöffnet den Abhang hinunter. Das half für den Augenblick. Als die Pferde aber nach einer Weile wieder nicht weiterkonnten, musste der zweite Sack herunter. Und so kam die Reihe an den dritten, vierten und fünften, und schließlich wollten die Tiere auch den letzten nicht mehr befördern. Da wurde der Bauer sehr ärgerlich, machte den Sack auf und fand nur erbärmliche Kohlen darin. Die schüttete er aus und warf den leeren Sack auf den Wagen. Nun blieb kein Zweifel, wer ihm so arg mitgespielt hatte.

»Rübezahl!«, rief er in die Berge hinein, »ist das eine Art, einen armen Kerl um sein bisschen Nahrung zu bringen? Das hat einer davon, wenn er ehrlich ist und den Leuten traut. Das Korn ist hin, Geld ist nicht dafür da, besser wäre ich nach Schmiedeberg gefahren.«

Höchst verdrießlich kam er zu Hause an und spannte die müden Tiere aus. Da fiel ihm ein, den leeren Sack noch einmal zu betrachten. Als er ihn aber ausschüttelte, um ihn vom Kohlenstaub zu reinigen, sah er zu seinem freudigen Staunen, dass eine Menge Goldkörner aus ihm herausfielen. Die sammelte er eifrig und fand, dass sie ihm sein Getreide doppelt und dreifach auch bei höchstem Preise bezahlten. Nun ärgerte er sich sehr, dass er nicht den ganzen Sack voll solch schöner Kohlen nach Hause gebracht hatte, dann wäre er ein steinreicher Mann geworden.

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