Das Schloss auf dem hohen Steine

(Joh. Böhm in der Erzgebirgs-Zeitung, 2. Jahrg., S. 130.)

Als gewaltiger Markstein eines der letzten südwestlichen Ausläufer des metallreichen Erzgebirges erhebt sich der hohe Stein mit seinen wunderbar gestalteten Felsenmauern und Pfeilern. Vor vielen hundert Jahren stand an der Stelle, auf welcher sich heute diese mächtigen Felsen auftürmen, eine große feste Burg, welche mit ihren gewaltigen Mauern weithin die Gegend überblickte. Ungeheure dichte Wälder bedeckten die Gegend und nur auf gelichteten Stellen am Fuße des Berges hatten sich fleißige Menschen angesiedelt und zwangen dem Boden seine wenigen Erzeugnisse ab. Aus fernen Landen waren sie auf des Ritters Ruf gekommen und hofften in Genügsamkeit, Ruhe und Frieden hier leben zu können, aber nur zu bald seufzten sie unter dem harten Joche, welches der Ritter ihnen auferlegte, unter den schweren Strafen, welche er über sie verhängte, wenn sie seinen maßlosen Forderungen und grausamen Befehlen nicht sogleich nachkamen. Je älter er wurde, desto mehr schien das Mitleid von ihm zu weichen und sein Herz zu versteinern. Da verwünschte ein Mann, dem der Schnee des Alters seinen Scheitel deckte, den Wüterich und sein Schloss. Er samt der Burg, wurde in grauen, harten Stein verwandelt und viele hundert Jahre wird es währen, bis die Sonne wieder die Zinnen der Burg mit ihrem Glanze vergolden wird.

So sieht man nun die gewaltigen Burgtürme und Rauchfänge, sowie den riesigen Ritter versteinert emporragen, während tief unten im dunkeln Schoße der Felsen die reichen Schätze des Burgherrn begraben liegen.

Nach einer andern Sage hat der verwünschte Ritter auf dem hohen Steine keine Ruhe, oft hört man lautes Getöse und Wiehern von Rossen aus den gewaltigen Felsen hervorschallen, sieht auch manchmal den unterirdischen Stall seine Jauche entleeren, und in finstern, unheimlichen Nächten hört man vom hohen Stein herab in der Richtung gegen „die drei Rainsteine“ (an der Graslitz- Schönbach -Sächsischen Grenze) die wilde Jagd dahinbrausen, der sich auch der verwünschte „hohe Stein -Ritter“ anschließen muss.

Quelle: Erzgebirge-Museum.de