Wie die Pest einst nach Dobrilugk kam

Ein Bäuerlein fuhr mit seinem Einspännerwagen in der Dämmerungsstunde gemächlich nach Hause. Als er aus dem Buchenwalde herauslenkte, kam plötzlich eine Pestfrau, in weiße Schleier gehüllt, auf ihn zu und bat ihn, auf seinem Wagen Platz nehmen zu dürfen; wenn er ihr die Bitte erfülle, wollte sie ihm keinen Schaden zufügen, denn wenn sie zu Fuß hineinschliche, könnte sie leicht von den Hunden zerrissen werden, die das Nahen eines Krankheitsgeistes schon von weitem witterten. Der Bauer wurde vor Schrecken ganz starr, brachte kein Wort heraus und fuhr mit der Frau schleunigst nach Hause.

Hier angelangt, sprang sie vom Wagen und trat dem Bäuerlein aus Dankbarkeit dreimal auf die große Zehe, wodurch ihm die Gabe des Geistersehens verliehen wurde. Schaurige Bilder sollen da vor seinen Augen aufgestiegen sein: Leichen über Leichen mit klaffenden Wunden, Ströme von Blut, Totengerippe, lichterloh flammende und in Trümmern zusammenstürzende Gebäude. Was man sich als Deutung auf das Nahen der Religionskriege auslegte.

Andern Tags hörte man in Dobrilugk großes Wehklagen. Fast jedes Haus wurde von der Pest heimgesucht, nur der Bauer soll allein verschont geblieben sein.

Quelle: Lausitzer Rundschau