<<< zurück | Sagen der mittleren Werra | weiter >>>

Das Narren am alten Schlosse Kraienberg

„Nun will ich Ihnen auch ein Stückchen von „Kleinbärk“ (Kraienberg erzählen,“ begann die Nike von Urnshausen, „das mir selbst dort vorgekommen, aber so gewiß wahr ist, als ich hier sitze. Ich habe doch, wie Sie wissen, einige Jahre drunten in Kieselbach gedient. Nun gut. Ich hörte, daß es droben am alten Schloß gar mordschöne und große Erdbeeren und Himbeeren gäbe, da dacht' ich: Guck, du könntest ja auch einmal hinauf in die Beeren gehen und wie gedacht, so gethan. Und als ich an das alte Schloß kam, siehe, da wiebelt' und wabelt' alles von Beeren vor meinen Augen. So schöne und große - sie waren fast wie Taubeneier - hatt' ich in meinem ganzen Leben noch nicht gesehen und, wie ich Ihnen sag', alle todtreif. Ich wußt' nicht, wo ich zuerst anfangen sollte. Daß ich's kurz mache, ich kniete nieder und wollte abpflücken. Und denken Sie sich! ― wie ich nach der ersten greife, fort war sie. Ich greife nach der zweiten, dritten kurz, wo ich nur hingriff, griff ich fehl und hatt' ein Blatt oder ein Schneckenhaus in der Hand. Ich stand da und wußt' nicht mehr, was ich denken sollte. Da überlief's mich auf einmal eiskalt. Ich stürzte den Berg hinunter, und als ich heim kam und das Stückchen meinem Herrn erzählte, meint' der, das verwundere ihn gar nicht, droben am alten Schlosse sei das gar Vielen schon passirt.“

Quellen: