<<< zurück | Sagen der mittleren Werra | weiter >>>

Von den Cretins im Schmalkaldenschen

Von den Cretins, die an den südwestlichen Ausläufern des Thüringer Waldes vorkommen, geht folgende Sage:

In der Tiefe der Erde wohnt ein Geschlecht von äußerst hässlichen, bleichen, aber den Menschen ähnlichen Geschöpfen, die nur selten an das Tageslicht kommen. Ein tiefer Teich ist dann ihr Aus- und Eingang; und weil sie aus dem Wasser kommen, werden sie Wassermenschen, Wasserkinder oder auch Wassertücker (Taucher) genannt.

Sie rauben den Müttern, die zu fest schlafen oder ihre Kinder bei offenen Türen allein gelassen haben, ihre Kleinen, besonders wenn diese von schöner Gestalt sind, und legen dagegen ihre hässliche Brut an die Stelle des geraubten Kindes.

Den eigenen Balg verzaubern sie dann eine Zeit lang so, dass die beraubte Mutter ihr Unglück nicht gleich zu entdecken vermag. Erkennt jedoch die Mutter den Tausch und will ihr Kind dereinst wiederhaben, so muss sie den Eindringling recht gut verpflegen, damit die Wassermenschen aus Liebe zu dem eigenen Blut sich zu einem zweiten Austausch verstehen. Diesen setzt der Volksglaube gewöhnlich in die Entwicklungsperiode. Bei dem zurückgegebenen eigenen Kind bleibt aber doch in seinem Wesen vieles zurück, welches dasselbe unter den Wassermenschen angenommen hat.

Der Name Wassermenschen, Wassertücker bleibt ihnen deshalb immer anhaften. Will eine Mutter ihr Kind vor dem Raub der Wassermenschen schützen, so vermeidet sie vor allem, dasselbe allein zu lassen. Ein Hauptschutzmittel dagegen ist noch heute der Brauch, das Türschloss der Wohnstube sowohl bei Tag als auch bei Nacht mit einem blauen Schürzenband zu verbinden.

Quellen: