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Der Schatz des Wendenkönigs (Veckenstedt)

  Burg

Vor fünfzig Jahren etwa begaben sich zwei Brüder aus dem Dorfe Burg in finsterer Nacht nach dem Schlossberg, am den Schatz des Wendenkönigs, welcher seit undenklichen Zeiten dort vergraben liegt, zu heben. Nachdem sie ein grosses Gefäss mit Geld gefunden, es auch glücklich bis an den Band der Grube emporgehoben hatten, sass plötzlich zu ihrem Schrecken ein altes Weib auf dem ausgeworfenen Haufen Erde, welche sich als die Hüterin des Schatzes erwies. Sie fragte den Aeltesten der Brüder: „Was willst Du mit dem Gelde machen?„ Der sprach: „Ich will es für meine Wirthschaft gebrauchen.“ - „Und Du?“ sprach sie zu dem Andern. „Ich werde es vergraben.„ Darauf verschwand die Frau vor ihren Augen. Die Bauern aber nahmen den Schatz mit sich. Die Familie desjenigen Bruders, welcher Geld in seiner Wirthschaft verwenden wollte, ist bis jetzt wohlhabend, und in der Wirthschaft ist Alles in sehr gutem Stande, aber die Familie des zweiten Bruders, der nur Geld zu vergraben beabsichtigte, ist bis heute noch sehr arm, da der wieder vergrabene Schatz spurlos verschwunden ist und bis heute noch nicht wieder hat aufgefunden werden können.

Quelle: Edmund Veckenstedt: Wendische Sagen, Märchen und abergläubische Gebräuche. Leuschner & Lubensky, Graz 1880