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Die weiße Gans

  Belten

Auf dem Beltener Felde haben oft Leute, welche nach Belten oder Coswig gingen, um die Nachtzeit eine weiße Gans gesehen, welche aber stets am Flussbrückchen bei Belten verschwand.

Einst gingen ein alter Bauer und eine alte Frau von Coswig nach Belten. Es war gerade wunderschöner Mondenschein: auf einmal läuft eine weiße Gans langsam vor ihnen her. Da sagte der alte Mann: „Die Gans nehmen wir mit nach Hause, wir wollen sie langsam vor uns hertreiben.“ Der Frau gefiel das. Deshalb jagten sie die Gans vor sich her, als sie aber an das Brückchen kamen, war dieselbe plötzlich verschwunden.

Da sagte der Bauer: „Stelle Dich an der andern Seite der Brücke auf, die Gans ist unter der Brücke; ich werde von dieser Seite aus unter die Brücke kriechen: wir wollen die Gans schon greifen“ Darauf kroch er unter die Brücke. Der Mond schien so hell, dass man Alles dort unten sehen konnte, aber die Gans war verschwunden.

Quelle: Edmund Veckenstedt: Wendische Sagen, Märchen und abergläubische Gebräuche. Leuschner & Lubensky, Graz 1880