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Die Krone der Schlangenkönigin

  Branitz

In einem Dorfe bei Burg lebte ein Bauer mit Frau und Kind. Die Eltern hatten die Gewohnheit; ihr Kind allein zu Hause zu lassen, wenn sie auf die Arbeit gingen. Sie setzten ihm dann eine Tasse Milch hin, welche es trinken sollte. Jedesmal aber, wenn sie nach Hause kamen, erzählte das Kind, es sei ein fremdes Wesen gekommen, ein schlanke Gestalt mit einer Krone auf dem Haupte, das habe die Milch ausgetrunken. Die Eltern konnten das Alles nicht recht begreifen. Sie sprachen von dem, was ihnen das Kind erzahlt hatte, im Dorfe. Da riethen ihnen die Leute, sie sollten, wenn sie wieder auf die Arbeit gingen, ein weißes Tuch auf die Erde breiten und dann die Tasse mit Milch darauf stellen. Dann würden sie schon sehen, was geschehe. Der Bauer that es auch. Da ist das fremde Wesen gekommen, hat die Milch getrunken und seine Krone auf das Tuch gelegt. Als die Leute nach Hause kamen, fanden sie die Krone auf dem Tuche. Das ist aber die Krone gewesen, welche der Schlangenkönigin des Spreewaldes gehört hat.

Quelle: Edmund Veckenstedt: Wendische Sagen, Märchen und abergläubische Gebräuche. Leuschner & Lubensky, Graz 1880