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Der Dudelsackpfeiffer und der Werwolf

  Ströbitz

An der Grenze des Wintdorfer Gebietes ist eine tiefe Grube, welche noch heute die Wolfsgrube heisst. Man erzählt davon Folgendes: Ein Wolf trieb sich in der Gegend herum. Da ihm der Jäger nicht beizukommen vermochte, so liess er eine tiefe Grube graben, in welcher er den Wolf auch glücklich fing.

Denselben Abend, an welchem der Wolf in die Grube gerathen war, kam ein Dudelsackpfeifer des Weges. Er wusste von der Grube nichts. Deshalb geschah es, dass er in dieselbe hineinfiel. Wie gross war aber sein Schreck, als er dort unten den Wolf erblickte. In seiner Angst fing er an Musik zu machen. Die Musik wirkte so auf den Wolf, dass dieser ihm nichts that. Das war nun so weit ganz gut. Schlimmer aber war es, dass er nicht aufhören durfte zu blasen; sobald er nämlich eine Pause machte, ging der Wolf auf ihn los, so dass er schnell wieder zum Dudelsack greifen musste.

Am andern Morgen kam endlich der Jäger. Als er seine beiden Gefangenen sah, fing er an, furchtbar zu lachen, dann zog er den Dudelsackpfeifer unter dem Versprechen herauf, dass ihm dieser behülflich sei, den Wolf zu erlegen. Kaum aber war der Pfeifer aus der Grube erlost, so lief er mit seinem Dudelsack davon. Dem Jäger gelang es mit vieler Mühe, den Wolf aus der Grube herauszuziehen. Das bekam ihm aber schlecht, denn kaum war dieser oben, so verwandelte er sich in eine Frau. Die Frau ergriff das Gewehr des Jägers und schoss ihn nieder. Von der Frau hat Niemand wieder etwas gesehen; aber auch der Wolf blieb fortan aus der Gegend verschwunden.

Als der Pfeifer nach Hause kam, war er ganz erschöpft. Er warf seinen Dadelsack auf den Boden, dass er zersprang: da rollte blankes Gold daraus hervor, so dass er fortan herrlich und in Freuden leben konnte.

Quelle: Edmund Veckenstedt: Wendische Sagen, Märchen und abergläubische Gebräuche. Leuschner & Lubensky, Graz 1880