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Der Kirchturm im Ziegelteich

  Teuplitz

In dem Ziegelteich bei Teuplitz ist eine tiefe Stelle, welche auch dann nicht wasserleer ist, wenn der Teich abgelassen wird. Abgelassen aber wird der Teich des Fischens wegen jährlich einmal. Geschieht dies, so müssen einige Arbeiter des Nachts Vor dem Tage, an welchem gefischt werden soll, in das Wasser steigen und die tiefe Stelle möglichst auszuschöpfen versuchen. Man erzählt, es habe an der Stelle, wo jetzt der Teich ist, früher ein Dorf, Namens Teuplitz, gestanden. Das Dorf soll versunken sein. Dort, wo das Wasser jetzt am tiefsten ist, soll die Kirche gewesen sein.

Es muss etwas Wahres an dieser Erzählung sein, wie folgender Vorgang beweist. Einst sass eine Frau mit ihrem Kinde am Rande des Teiches. Die Frau hatte gestrickt. Sie hatte bei der Arbeit nicht auf den Knäuel Acht gegeben. Da kollerte derselbe in den Teich hinein und zwar gerade da, wo das Wasser am tiefsten ist. Als die Frau den Verlust ihres Knäuels gewahr wurde, fing sie an, den Knäuel an dem Faden in ihren Händen wieder an sich zu ziehen.

Sie merkte bald, dass etwas Schweres an demselben hing, sie zog aber ruhig weiter. Da kam plötzlich ein Kirchthurm, um den sich der Faden geschlungen hatte, an die Oberfläche des Wassers. Sobald das Kind den Thurm erblickte, stiess es einen typ:fluchen|Fluch aus. Alsobald versank der Thurm mit lautem Schall wieder. Darauf kam aus dem Teich eine Welle angerauscht und zog Frau und Kind in die Tiefe des Teiches hinab.

Quelle: Edmund Veckenstedt: Wendische Sagen, Märchen und abergläubische Gebräuche. Leuschner & Lubensky, Graz 1880