<<< vorherige Sage | Sagen aus der Provinz Sachsen | nächste Sage >>>

V. Koboldsage

In einem Dorfe bei Magdeburg lebte ein Bauer mit seiner Frau, welche so vorwärts gekommen waren, dass sie für wohlhabend gelten konnten: man wusste aber auch, auf welchem Wege sie zu ihrer Wohlhabenheit gekommen waren, denn sie hatten einen Kobold. Nun hatte sich ihr Sohn verheiratet, denn er war in die Jahre gekommen, und zur rechten Zeit stellte sich denn auch bei den jungen Leuten ein Kind ein. Da wurde grosse Taufe gemacht. Als der Schmaus soweit war, dass man zu Butter und Käse griff, sah der eine von den Taufgästen, wie die alte Bäuerin plötzlich hinter den Ofen ging und darauf mit einem Butterstück wieder hinter demselben hervortrat. Das Stück Butter war noch nicht angeschnitten. Bevor es die alte Frau auf den Tisch setzte, machte sie drei Kreuze darüber. Daran merkte der Taufgast, dass dieses Butterstück vom Kobold sei und dass die alte Frau die drei Kreuze darüber gemacht hatte, damit niemand merke, dass man ihnen Koboldbutter vorsetze. Er griff nun wohl auch darnach und schmierte sich davon eine Stulle, aber als er davon abbiess, kam ihm der Gedanke wieder in den Kopf, dass er Butter essen solle, welche der Kobold ausgekelkst hatte. Da blieb ihm der Happen in der Kehle stecken: er würgte und würgte daran herum, aber es war vergeblich, der Happen rutschte nicht hinunter: er kam in die Gefahr zu ersticken. Endlich gab er den Happen wieder von sich und hütete sich, von der Koboldbutter wieder zu essen.

Quelle: Autor: Frau Adler sen., „Sagen aus der Provinz Sachsen“, Herausgeber: Edmund Veckenstedt, 1888, Verlag Alfred Dörffel, Leipzig