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Das nasse Grab

  bei Cottbus

In einem Dorfe nicht weit von Cottbus hielten einst zwei Mädchen treue Freundschaft. Da wurde das eine von den Mädchen krank und starb. In der folgenden Nacht war es dem andern Mädchen, als höre es Etwas in der Nähe seines Bettes; eine Stimme rief: „Huhu, mir ist so kalt.“ Das Mädchen entsetzte sich, erzählte aber von diesem Begegniss nichts.

Fortan erschien ihm die Freundin jede Nacht wieder und sprach dieselben Worte. Dadurch zehrte sich das Mädchen ganz ab. Endlich erzählte es seinen Eltern auf dringendes Befragen, was ihm jede Nacht begegne. Die Eltern sandten zum Pfarrer. Der liess die Leiche der Freundin sofort ausgraben. Da fand es sich, dass der Sarg förmlich im Wasser schwamm. Jetzt wurde ein neues Grab an einer hochgelegenen Stelle des Friedhofes gegraben und der Sarg aufs Neue beigesetzt. Von der Zeit an hat das Mädchen vor seiner Freundin Ruhe gehabt.

Quelle: Edmund Veckenstedt: Wendische Sagen, Märchen und abergläubische Gebräuche. Leuschner & Lubensky, Graz 1880