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Der Wechselthaler (Veckenstedt)

  Werben

In Werben lebte einmal ein Knecht, welcher bei seinen Genossen in grossem Ansehen stand. Er konnte nämlich nicht nur versprechen, sondern er besass auch einen Wechselthaler. Eines Tages sagte der Knecht zu seinen beiden Mitknechten: „Wenn Ihr auch einen Wechselthaler haben wollt, so werde ich Euch einen solchen verschaffen. Einer von Euch muss den nächsten Sonntag zum Abendmahle gehen, er darf aber die Oblate nicht essen, sondern er muss sie heimlich bei Seite stecken.“ Das geschah. Am nächsten heiligen Abend gingen die drei Knechte, ein Jeder mit einem Gewehr bewaffnet, auf einen Kreuzweg. Dort zog der Knecht, welcher den Wechselthaler besass, einen grossen Kreis um sie. Dann befahl er ihnen, es solle Niemand den Kreis verlassen. Darauf band er die Oblate an eine Stange und hiess seine Mitknechte darnach schiessen. Als diese die Gewehre anlegten, sahen sie, dass sie auf Jesus Christus, welcher in Lebensgrösse an dem Pfahle hing, zielten. Da wagten sie nicht zu schiessen, sondern flohen entsetzt aus dem Kreise. Kaum aber hatten sie den Kreis verlassen, so verschwand der eine Knecht, den andern aber schlug der Teufel lahm.

Quelle: Edmund Veckenstedt: Wendische Sagen, Märchen und abergläubische Gebräuche. Leuschner & Lubensky, Graz 1880