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Die Frau in der Lederhose

  bei Senftenberg

Auf einem Dorfe in der Nähe von Senftenberg wohnte ein Bauer. Der Bauer hatte einen sehr schmutzigen Hof; so dass derselbe im Frühjahr stets wie ein Teich aussah. Eines Tages stand der Bauer vor seiner Thür und dachte bei sich: „Ach; wenn doch der Hof gepflastert wäre, was würdest Du darum geben.“ Indem er noch so dachte, stand auf einmal ein Männchen vor ihm. Das Männchen sagte: „Gieb Dich mir selber, so soll, bevor der Hahn kräht, der Hof gepflastert sein.“ Der Bauer sagte: „Gut, das will ich thun“

Kaum waren diese Worte gesprochen, so kamen von allen Ecken und Enden Steine auf den Hof geflogen. Das Männchen fing gleich an zu pflastern, dem Bauer aber wurde angst und bange. Er dachte: „Mein Gott, wenn der Hof fertig gepflastert ist, wird Dich der Böse nehmen und in die Hölle führen.“ Da sah er seine Nachbarin, welche als Hexe bekannt war, am Zaune stehen. Er klagte ihr seine Noth. Es war nur noch ein Stück so gross wie ein Brunnen zu pflastern: war dies fertig, so war es um ihn geschehen.

Die Nachbarin sprach: „Ich werde Euch helfen. Gebt mir schnell eine alte Lederhose.“ Der Bauer brachte sie eilig herbei. Sogleich zog die Frau die Lederhose an, stellte sich vor die Hausthür des Bauern und klatschte drei Mal mit den Händen auf die Hose. Im Nu krähten alle Hähne im Dorfe. Da sprang das Männchen auf und flog durch alle Lüfte davon. Der Bauer aber war gerettet

Der Hof war fertig gepflastert bis auf ein Loch. In dieses Loch aber konnte man so viel Erde und Steine hineinwerfen, als man wollte, es gelang nicht, dasselbe auszufüllen.

Quelle: Edmund Veckenstedt: Wendische Sagen, Märchen und abergläubische Gebräuche. Leuschner & Lubensky, Graz 1880