<<< vorherige Sage | XXV. Der Teufel | nächste Sage >>>

Eine Bäuerin überlistet den Teufel

  Burg

Einst hatte ein Bauer mit dem Teufel den Vertrag geschlossen, er wolle ihm seine Seele überlassen, wenn derselbe in der nächsten Nacht, bis der Hahn zum dritten Male gekräht habe, um sein Gehöfft eine Mauer gezogen habe. Die Steine dazu müsste er aber aus dem Schwielochsee holen. Als es Abend wurde, machte sich der Teufel an die Arbeit. Es schaffte auch dermassen, dass, als der Hahn zum zweiten Male gekräht hatte, die Mauer fast fertig war. Der Bauer und seine Frau warteten jetzt sehnsüchtig auf das dritte Krähen des Hahnes, indess dieser liess sich nicht hören, sei es, dass er es vergessen oder der Teufel es ihm angethan hatte.

Da erfasste die Frau eine schreckliche Angst. Zur guten Stunde fiel ihr jedoch eine List ein. Sie hing eine Lederschürze um, eilte zur Thür hinaus und klopfte mit den Händen auf die Schürze, dass es klatschte; es hörte sich an, als ob ein Hahn mit den Flügeln schlüge: darauf krähte sie wie ein Hahn. Der Teufel erschrak, denn er glaubte, der Hahn habe gekräht. Er nahm den Stein, den er gerade in den Händen hielt und welcher der Schlussstein der Mauer sein sollte, stemmte sich mit dem einen Fusse dermassen auf einen andern Stein, welcher gerade auf der Stelle lag, dass noch heute darin ein Pferdefuss zu sehen ist, und warf den Stein mit solcher Gewalt nieder, dass derselbe tief in die Erde eindrang.

Es entstand an der betreffenden Stelle ein tiefes Loch, aus dem Loch quoll ein Brunnen hervor. So war der Bauer zu einer Mauer gekommen, der Teufel aber um dessen Seele betrogen.

Quelle: Edmund Veckenstedt: Wendische Sagen, Märchen und abergläubische Gebräuche. Leuschner & Lubensky, Graz 1880