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Hirte flüchtet vor dem Schirrmann

  bei Drebkau

Wenn die Pferdejungen des Nachts ihre Pferde hüteten, so kam es oft vor, dass sie der Kälte wegen ein Feuer unterhielten. So lagerten auch eines Abends die Hütejungen eines Dorfes, nicht weit von Drebkau, um das Feuer. In der Nähe des Dorfes wohnten die Schirrleute; die waren am ganzen Körper rauh. Als nun die Jungen bei dem Feuer sassen, gesellte sich eine Frau von den Schirrleuten zu ihnen und wollte sich auch am Feuer erwärmen.

Einer von den Jungen war aber ein Taugenichts: derselbe ergriff ein Feuerscheit und verbrannte damit die Schirrawa. Diese schrie laut auf und rief: „Schirrmann, Schirrmann!“ Als der Junge das hörte, sprang er auf, schwang sich auf ein Pferd und sprengte im Galopp seinem Dorfe zu. Er war aber noch nicht weit, so war der Schirrmann zur Stelle, schwang sich gleichfalls auf ein Pferd und jagte dem Knaben nach.

Glücklicherweise verlor der Knabe bei diesem Jagen seinen Hut. Als der Schirrmann diesen an der Erde sah, sprang er vom Pferde und zerriss ihn, verlor aber dabei so viel Zeit, dass der Knabe einen grossen Vorsprung gewann. Als der Schirrmann sah, dass er den Jungen nicht mehr werde einholen können, kehrte er um, der Knabe aber gelangte glücklich nach Hause. Hätte aber der Schirrmann den Knaben erreicht, so würde er ihn ebenso wie den Hut zerrissen haben.

Quelle: Edmund Veckenstedt: Wendische Sagen, Märchen und abergläubische Gebräuche. Leuschner & Lubensky, Graz 1880