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Das Männchen unterm Fenster

  Forst

Eines Nachts zwischen zwölf und eins wurde ein Mann in seinem Bett wach: es war ihm, als höre er Jemand unter dem Fenster sprechen. Er stand auf und trat an das Fenster. Unter demselben stand ein kleines Männchen, welches ihn bat, er möge ihm folgen. Das Männchen sagte, es wolle ihn zu einem Schatz führen, welcher in einer sumpfigen Gegend zwischen grossen, alten Erlenstämmen liege. Der Mann folgte jedoch dem Männchen nicht. Da kam dasselbe in der folgenden Nacht wieder. Aber auch jetzt verliess der Mann seine Stube nicht. In der dritten Nacht bat das Männchen dringender und fast mit weinendem Tone. Der Mann hatte schon Neigung, mitzugehen, aber seine Frau litt es nicht. Da brach das Männchen in lautes Klagen aus und sagte weinend beim Weggehen: „Der Mensch muss nun erst wieder geboren werden, welcher den Schatz heben kann. So lange, bis dies geschieht, muss ich ihn wieder hüten.“

Quelle: Edmund Veckenstedt: Wendische Sagen, Märchen und abergläubische Gebräuche. Leuschner & Lubensky, Graz 1880