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Drachen bewachen einen Schatz

  Sandow

Drei Soldaten aus einem Dorfe bei Lübbenau, welche in Berlin dienten, und zwar jeder bei einer andern Waffe, waren einst in ihrer Heimath auf Urlaub gewesen. Als sie bei ihrer Heimkehr sich der Stadt wieder näherten, sahen sie ein Feuer brennen; soviel sie erkennen konnten, wurde es von sieben Drachen bewacht. Die Soldaten wagten nicht sich dem Feuer zu nähern, obwohl sie wussten, dass es eigentlich Geld sei, was da brenne; sie fürchteten die Drachen zu sehr. In Berlin aber erzählte der eine von ihnen, welcher Kürassier war, seinem Wachtmeister von dem Vorkommniss, dieser und der Rittmeister wussten bereits, dass dort verzaubertes Geld brenne. Der Kürassier erklärte, er wolle das Geld entzaubern, wenn man ihm zur Anschaffung des dazu Nöthigen behülflich sein wolle. Das versprachen ihm seine Vorgesetzten. Da erbat er sich das schnellste Pferd des Regimentes, drei Säcke, welche mit ungeschlissenen Federn gefüllt waren, zwölf Pferdenetze, ganz verknotet und zwölf Fischnetze, gleichfalls ganz verknotet und verwirrt, ausserdem aber guten Bajonnettstahl und drei Säcke, in denen sich in jedem tausend Knoten befanden, darunter drei Schinderknoten. Er erhielt Alles, um was er gebeten hatte.

Am nächsten Abend um zehn Uhr ritt der Soldat aus der Kaserne, gegen zwölf Uhr befand er sich bei dem Feuer. Als ihn die Drachen erblickten, brüllten sie ihn an, er aber warf den Stahl in das Feuer, wandte um and sprengte davon. Sobald er merkte, dass ihm die Drachen folgten, warf er die drei Säcke mit den ungeschlissenen Federn ab und rief: „Jetzt schliesst die Federn auf, dann verfolgt mich. Im Namen Gottes, des Vaters, des Sohnes und des heiligen Geistes.“ Die Drachen machten sofort Halt, sie gingen flugs an die Arbeit, vollendeten aber die Aufgabe in kurzer Zeit, darauf verfolgten sie den Reiter wieder.

Als dieser die Drachen wiederum dicht hinter sich wusste, warf er die zwölf Fischnetze herab und sprach: „Alle Nähte und Drähte macht auf, dann verfolgt mich wieder. Im Namen Gottes, des Vaters, des Sohnes und des heiligen Geistes.“ Wieder waren die Drachen mit der Arbeit bald fertig und verfolgten ihn. Da warf er die zwölf Pferdenetze herab und sprach: „Alles macht auf, dreht Alles los, dann verfolgt mich. Im Namen Gottes, des Vaters, des Sohnes und des heiligen Geistes.“ Wieder machten die Drachen Halt, und wieder kam er eine weite Strecke vorwärts.

Allein noch immer hatte er Berlin nicht erreicht und schon wieder waren die Drachen hinter ihm. Jetzt warf er die letzten drei Säcke ab, in welchem sich in jedem tausend Knoten befanden und ausserdem die drei Schinderknoten. Die Drachen hatten so viel zu thun, diese Knoten zu entwirren, dass der Kürassier fast in seine Kaserne kam, bevor ihn die Drachen einholten. Schon begannen sie das Hintertheil des Pferdes zu zerfleischen, da schlug das Thor zu und der Reiter war gerettet.

Am andern Morgen begaben sich die Soldaten seines Regimentes an Ort und Stelle. Da fand es sich, dass sie mehrere Wagen mit Gold beladen konnten. Das Gold wurde zum König gebracht, welcher es auch annahm und behielt. Dem Kürassier aber schenkte er Geld und ein Haus in Berlin, in welchem dieser noch lange Jahre glücklich gelebt hat.

Quelle: Edmund Veckenstedt: Wendische Sagen, Märchen und abergläubische Gebräuche. Leuschner & Lubensky, Graz 1880