<<< vorherige Sage | Erste Abtheilung: Völker- und Heldensagen | nächste Sage >>>

Herzog Udalrich von Böhmen

  Ditmar, Chron. VI. p. 145. u. 158. 
  Balbin. Epit. II. c. 14. p. 157. Miscell. 7. sect. 1. cap. 18. p. 66. 
  Spangenberg, Chron. Saxon. cap. 168. p. 246. 
  Fabrit. orig. Sax. II. p. 305. 
  Großer, Merkm. I. p. 23. 
  Carpzov, Ehrentempel c. II. p. 29.

Als die Oberlausitz noch zu Böhmen gehörte, hatte sie einmal einen Herrn, der hieß Udalricus. Der war lange Zeit am Hofe Heinrich's II., Kaisers von Deutschland. Als er aber seine Herrschaft antrat, war er noch unvermählt, und die Seinigen bestürmten ihn täglich, er möge sich eine Jungfrau aus edlem Geschlechte vermählen. Er aber gab ihnen auf solche Reden niemals eine rechte Antwort.

Eines Tages ritt er von der Jagd nach Hause, und wie er durch das böhmische Dorf Opuczna kam, sah er ein Mägdlein stehen, barfuß und im bloßen Hemde, die wusch sich in dem vorüberfließenden typ:Wasser und gefiel dem Herzog alsobald so ausnehmend durch ihre Schönheit und Einfalt, daß er siezu sich auf sein Roß hob und in sein Schloß führte. Daselbst ließ er der Jungfrau herrliche Kleider anlegen, rief seine Untergebenen und verkündigte ihnen, er wolle dies Mägdlein heirathen. Aber die stolzen Ritter murreten, daß sie sollten einer Bauerndirne das Knie beugen und sprachen ihr Mißvergnügen laut aus. Da erzürnte Udalrich und sprach: „Was seid ihr doch für Narren. Geziemt es einem Böhmen - Fürsten nicht ein Weib aus seinem heimischen Stamme zu heirathen, oder wollt ihr lieber eine fremde Fürstin zu eurer Herrin haben? Ich sage euch aber, daß es in meiner Macht steht, in einer einzigen Nacht aus dieser Bauerndirne eine Herzogin zu machen.“ Also sprach er und lachte. Da waren es die stolzen Böhmen zufrieden und die Hochzeit ward gefeiert mit großer Pracht und Herrlichkeit.

Quelle: Karl Haupt, Sagenbuch der Lausitz, Leipzig, Verlag von Wilhelm Engelmann,1862