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Markgraf Gero tödtet dreißig Wendenfürsten

  Excerpta ex And. Hoppenrodii ann. Gernrodens. in script. IV. p. 144. 
  Balbin. Miscell. R. B. II. c. 19. p. 60.

Als Kaiser Otto den Markgraf Gero zum Oberbefehlshaber seiner Heere gegen die Wenden gemacht hatte, berathschlagten die Vagrier, Heveller, Obotriten, Uchern und Zusiker mit einander, wie sie ihn umbringen möchten, da er allen Heiden wegen seiner ausgezeichneten Tapferkeit sowohl, wie seines Kriegsglücks furchtbar war. Es hatte aber Kaiser Otto einen leiblichen Bruder Namens Heinrich, der hielt es mit seinen Widersachern, that sich zu den Sorben und bestärkte in ihrem Vorsatze. Dreissig Fürsten beschlossen hierauf, mit vereinten Kräften und einer großen Anzahl von Kriegern ihn anzugreifen und niederzuhauen. Aber Gero hatte von ihrer Ankunft Kunde erhalten, stellte sich, als wäre ihm ihr Anschlag unbekannt, und lies sie zu sich zur Tafel laden. Diese aber aus angeborner Frechheit und übermütiger Sicherheit folgten der Einladung wirklich. Da lies sie der Markgraf Gero durch einen Hinterhalt bei Tafel überfallen und tödten. Ueber diese Niederlage der Heidenfürsten haben sich folgende Volksreime erhalten:

Zu Laußnitz erster Fürst war ich,
Dreissig wendische Herren tödtet ich,
Stiftet Gernrode von eigener Hab,
Daselbst man sieht noch heut mein Grab.

Quelle: Karl Haupt, Sagenbuch der Lausitz, Leipzig, Verlag von Wilhelm Engelmann,1862