<<< vorherige Sage | Erste Abtheilung: Völker- und Heldensagen | nächste Sage >>>

Markgraf Gero's Gebot

  Hosmann pompa regii ingressus.

Markgraf Gero ließ ein Gebot ausgehen, zu der Zeit als er in Budissin Hof hielt, daß Jedermann den Hut abnehmen sollte, wenn man den Namen Jesu nennt; wer's nicht thäte, der sollte um ein Pfund Wachs gestraft werden.

Anmerkungen: In manchen Gegenden der Wendei ist es noch heute Sitte, daß die Männer gleich den Juden und anderen Orientalen in der Kirche den Hut aufbehalten. Nur beim Namen Jesu, beim Vaterunser und beim Segen nehmen sie ihn ab.

Aus dem 17. Jahrhunderte ist überliefert, daß die Wenden beim Namen Jesu auch mit dem Munde zu schmatzen pflegten. Abr. Frenzel (de pop. Lus. p. 89.) fügt hinzu: „Damit auszudrücken die Süßigkeit des Nameno Jesu“ und citirt dabei die Worte St. Bernhardo: Jesus mcl in ore, melos in aure et jubilus in corde. Vielleicht bedeutete es einfach einen Kuß und war ein Zeichen Herzlicher Liebe.

Auch wenn die Kirchenglocken läuten nimmt der Wende den Hut ab, wie denn überhaupt Frömmigkeit ein hervorragender Zug der laus. Wenden ist. - Aber freilich im 10. Jahrhunderte mochte Gero's Gebot wohl nöthig sein, denn selbst noch im 17. Jahrhunderte berichtet Frenzel, daß vor nicht langer Zeit die Wenden beim Eingange in die Kirche sich zur Sonne zu kehren und sie mit Hutabnehmen zu grüßen pflegten.

Quelle: Karl Haupt, Sagenbuch der Lausitz, Leipzig, Verlag von Wilhelm Engelmann,1862