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Der Krötenstein und der Herzstein

  Destinata. lit Lus. VI., 559. 581.

In der Niederlausitz werden häufig Echiniten1) gefunden. Der gemeine Mann nennt dieselben Knopfsteine, Kreuzsteine, auch Krötensteine und glaubt, daß sie sich in dem Gehirne des Krötenkönigs erzeugen. Der Krötenkönig ist eine alte Kröte, die eine Krone auf dem Kopfe frägt, und soll in Frankreich und Spanien ganz gemein sein. Dieser und einer anderen Art von Echiniten (E. cordatus), die unter dem Namen Herzstein bekannt sind, schreibt man die Kraft zu, daß sie durch bloßes Streichen und Reiben die Entzündung der Augen wegnehmen, giftige Bisse und bösartige Geschwülste heilen und, wenn sie äußerlich nur getragen werden, vor Vergiftung schützen und die Beinschmerzen heben. Ja, man braucht sie sogar zur Stärkung der Mannheit.

Anmerkungen:

Der Krötentönig ist in mancher Beziehung dem Schlangenkönige und der Kröten stein dem Schlangenei an die Seite zu stellen. Ein Gedicht des Wiener codex 428. v. 136. sagt:
Ich höre von den Steinen sagen,
Die Nattern und Kröten tragen,
Daß große Tugend darin liege,
Wer sie habe, der gesiege.

Wie die giftige Schlange, so ist auch die giftige Kröte nach homöopathischer Regel des Volksglaubens zugleich heilkräftig. Kröten sind, wie Drachen, Schatzwächter: Oberlausitzer Sprichwort: Wo eine Kröte sitzt, liegt Gold. Sie sind, wie die Drachen, feindselige Teufelsthiere, Symbole des unfruchtbaren Winters. Im wendischen Märchen: Recht bleibt immer Recht; (W. L. II. 18. 1.) wird die große Stadt Raumla von Durst geplagt, weil eine Kröte, so groß wie ein Ofentopf, auf der Quelle sitzt und dieselbe stopft. Ein lausitzer Aberglanbe sagt: Wenn man in die Grundmauer eines Hauses eine Kröte mit einmauert, so bleibt trocknes Wetter, bis das Haus fertig ist.

Quelle: Karl Haupt, Sagenbuch der Lausitz, Leipzig, Verlag von Wilhelm Engelmann,1862


1)
versteinerte Seeigel